Wiederaufnahme des Erzbergbaues im Erzgebirge?

In letzter Zeit ist in der Öffentlichkeit davon gesprochen worden, daß der Erzbergbau, insbesondere auf Zinnvorkommen, im Erzgebirge wieder aufgenommen werden soll. Über die Aussichten und die bisherigen Vorarbeiten gab die Regierung eine Erklärung ab, der wir folgendes entnehmen:

Der Regierung ist bekannt, daß sich mehrere Privatunternehmer damit befassen, im Erzgebirge auf metallische Mineralien zu schürfen, d. h. sie von der Erdoberfläche aus aufzusuchen und zu diesem Zwecke in fremdem Grund und Boden einzuschlagen. Das Schurfrecht wird auf Antrag von dem Oberbergamt Freiberg auf die Dauer eines Jahres verliehen. Insgesamt sind bei dem Oberbergamt Freiberg im Jahre 1926 drei und in der Zeit vom 1. Januar bis zum 5. Dezember 1927, dem Tage des Abschlusses der angestellten Erörterungen, 265 Anträge auf Erteilung von Schurfscheinen eingegangen. Seit einigen Jahren läßt die Bergwerksgesellschaft Georg von Giesches Erben in Breslau in einem ihr verliehenen Grubenfelde im Wildenthaler Staatsforstrevier und die mit dem Gieschekonzern in Verbindung stehende Neue Sächs. Erzbergbaugesellschaft in Aue in mehrere ihr verliehenen Grubenfeldern im Tannenbergsthaler und Brunndöbraer Staatsfortsrevier Untersuchungsarbeiten auf Zinn in geringem Umfange ausführen. Ein Teil dieser Arbeiten ist inzwischen wieder eingestellt worden. Zuletzt wurden nur noch drei Mann beschäftigt. In der Gegend von Marienberg beabsichtigt eine Gewerkschaft Saxonia-Bavaria in dem von ihr gemuteten und ihr verliehenen Grubenfeld „Zinnerne Flasche“ den Bergbaubetrieb auf Zinn aufzunehmen. Vom Standpunkte der Volkswirtschaft aus ist selbstverständlich eine planmäßige Erforschung des erwähnten Gebietes mit modernen Untersuchungsmethoden nur zu begrüßen, weil dadurch die Kenntnis der vorhandenen Erzvorkommen erweitert wird. Daß etwa der Staat selbst in allen Teilen des Erzgebirges die Untersuchung durchführen und gegebenenfalls den Bergbau aufnehmen könnte, ist ausgeschlossen, weil dazu Mittel gehören würden, über die der Staat nicht verfügt und die er sich nicht verschaffen kann. Deshalb wird die Regierung einem kapitalkräftigen Privatunternehmen, das ernstlich gewillt ist, einen Bergbaubetrieb von solchem Ausmaß zu eröffnen, daß er wirtschaftliche Erfolge verspricht, keine Hindernisse bereiten. Die Regierung hat vorgesehen, in dem ordentlichen Staatshaushaltsplan für das bevorstehende Rechnungsjahr Mittel anzufordern, um Ganguntersuchungen vorzunehmen und die drohende Einstellung gewisser noch im Betriebe befindlicher Erzbergwerke verhindern zu können.

Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 9 – Sonntag, den 26. Februar 1928, S. 2