Zur Geschichte des Amtes Schlettau (3)

Von L. Bartsch.

(Fortsetzung.)

Zu den Gerechtigkeiten, die dem Herrn des Amtes Ehre und Würde verleihen, ist auch, und nicht an niedrigster Stelle, seine Machtbefugnis der Kirche gegenüber zu rechnen. Ein Kirchlehen und „zwu viccorien“, sagen wir Hilfsgeistlichenstellen, sind 1528 im Amte vorhanden. Bei dem Pfarrlehen handelt es sich um die Schlettauer Pfarrei, zu welcher außer der Stadt sämtliche Dorfschaften des Amtes zählen. „Nach alter Vorschreibung“ hatte das Kloster als Amtsherrschaft „alwege“ die Pfarrstelle verliehen. Von den beiden andern geistlichen Stellen wurde nur die eine vom Abte, die andere jedoch von Schlettau besetzt; letzteres erleichterte, nebenbei bemerkt, der Reformation den Einzug in der Stadt.

Über Nutzungen, Einkommen und Gerechtigkeiten sollten Busch und Walde dem Landesfürsten Bericht erstatten. Zahlenmäßig ließ sich die Nutzung i. a. nicht angeben, die aus den Gerechtigkeiten, wie wir sie besprachen, für den Besitzer des Amtes floß; nur betr. der Teichfischerei gibt der Bericht an, die Teichstätten könnten „ein Jahr dem andern zu Hilfe“ jährlich 20 fl. Nutz tragen; die Bäche, immerhin nicht arm an „Fuhren“ (Forellen), „waren nicht zu jährlicher Nutzung genommen.“

Genau zu Groschen und Pfennig ließ sich auch die Nutzung nicht berechnen, die aus den Dienstleistungen der Amtssassen der Herrschaft erwuchs.

Nicht unbedeutend sind die aus der Feldwirtschaft des Schlosses sich ergebenden Dienstlasten für die Einwohner des Amtes, für die in Dorf und Stadt, die auf dem Schlosse „Hofedienste“ zu leisten haben. Die Dörfer müssen den „Haber“ und das „Haw“ (Heu) „hauen“ und das Korn „schneiden“ — man unterscheidet mithin zwischen dem Gebrauch der Sense zum Hauen und dem der Sichel zum Schneiden, sie haben „Handfronen“ zu leisten, sind Handfröner.

Die Zahl der Frontage beläuft sich für Walthersdorf auf jährlich 46 Tage; Sehma frönt 54 Tage, Königswalde 46 Tage, gleich Walthersdorf, Kunersdorf, jetzt nicht mehr wie etwa 100 Jahre früher Konradisdorf benannt, nur 24 Tage, und einen Tag mehr = 25 Tage, Kranczagel, letztere beiden Orte also zusammen nicht so viel als Sehma für sich. Eingehend verbreitet sich der Bericht über die Hofedienste, die das „Stethlein“ zu leisten hat. Der mittelalterliche Rechtsgrundsatz „Stadtluft macht frei“, hatte bei der Stadt Schlettau nur in beschränktem Maße Geltung. Ihre Bewohner waren nicht frei gleich den Einwohnern der benachbarten „freien Bergstädte“ Buchholz und Annaberg. Schlettau muß die zum Schloß gehörigen Äcker pflügen und eggen, es hat Heu und „Getreidigk“ (Weizen und Korn), sowie den Hafer „aufzuheben“, d. h. einzufahren. Im einzelnen unterscheiden die bestehenden Vorschriften für die Frondienste bei Schlettau zwischen den Diensten der Ansässigen und denen der Hausgenossen, zwischen denen der Bürger und solchen der übrigen Einwohner. Im Unterschiede zu den Handfronden der Dörfer treten die Gespanndienste stark in den Vordergrund. Alte Festsetzungen, die nach Ausweis ihrer sprachlichen Form weit über das Jahr 1528 zurückreichen, dem Wortlaute nach aufnehmend, schreibt der Bericht an den Kurfürsten: „Ein jeder Einwohner ader Burger, er habe 6, 4 aber 3 Pferde, der ackert mit einem Pfluge zu Hofedienste. So aber etzliche seint mit einzelnen Pferden, die „egen“ damit einen Tag. Welcher 2 Pferde aber darüber hat, derselbege fronet 2 Fuhren Getreide und 2 Fuhren Haber, die aber einzelne Pferde haben, tut einer eine Fuhre Haber und eine Fuhre „Getreidigk“. Spannen aber ihr zwen zusammen, so tun sie auch 2 Fuhren Habern und 2 Fuhren „Getreidigk“. Betreffs der nicht im Besitz von Pferden befindlichen Ansässigen heißt es: „Aber die andern im „stethlein“, die nicht Pferde haben, „dye fronen iczlich 2 tage mit der Hand. Einen zum habern, den anderen zum getreidigk“. Weniger gefordert wird von den Hausgenossen (Einmietern): „Dye haußgenossen fronen mit der hant iczlicher eintagk.“ Nicht völlig klar läßt sich mit diesen Festsetzungen in Einklang bringen die Bestimmung: „Dy zur Schletten, welche pferde haben, pflugen iczlich zur sommersaet 1 tagk.“

Der überraschende Reichtum an Pferden in Schlettau hängt wohl der Hauptsache nach zusammen mit der großen Ackerflur der Stadt, deren Weichbild der ehemalige Zwickauer Ratsherr Matthes Busch, der die Verhältnisse genau kannte, gelegentlich dem der Stadt Zwickau der Größe nach an die Seite stellt. Genügte in den Dörfern die Kuh zur Feldbestellung, so bedurfte man in Schlettau dazu des Pferdes.

Anzunehmen ist, daß Schlettaus Hofedienste bereits 1405 ähnlich geregelt waren. Am St. Corren-Tag d. J. fordert Fritz v. Schönburg auf Hassenstein: „Auch hoffedienst sullin sy vns thun an Acker vnde gepawde, alzo sy vnsern Vatir seliger getan haben“, und unter Voraussetzung der Erfüllung dieser Forderung, sowie gegen Entrichtung einer Summe von jährlich 50 Schock Groschen, Prager Münze, die in dem Lande zu Behem „genge vnde gebe“ ist, entbindet er Schlettau von anderen Verpflichtungen der Herrschaft gegenüber.

Eine Ablösung der Frondienste war 1528 im Amte Schlettau nicht erfolgt, doch erscheint die Fron als eine minder drückende Last, wenn wir an anderer Stelle hören, daß 1524 bereits, also ein Jahr vor Ausbruch der Bauernunruhen, es in den Dörfern des Klosters Grünhain den Frönern gestattet war, Ersatzleute zu stellen, daß sie weiter erst dann sich strafbar machten, wenn sie beim zweitmaligen Anfordern nicht erschienen, und daß ihnen als Entschädigung für ihre Dienste täglich ein Groschen als Lohn und die Kost gereicht wurde. Als Matthes Busch in der Eigenschaft eines Amtmanns zu Schlettau gegen Erlegung eines Geldbetrages auf die Dienste der Heufröner verzichtete, wurde dies vom Abt 1534, als nicht wirtschaftlich gehandelt, stark mißbilligt.

(Fortsetzung folgt.)

Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 32 – Sonntag, den 5. August 1928, S. 2