Kirchenjubiläum in Jöhstadt.

250 Jahre St. Salvatorkirche.

Die Jubiläumskirche St. Salvator zu Jöhstadt, nach dem Abendläuten vom Kirchnergrundstück aus aufgenommen.

Der 4. September 1927 wird ein besonderer Festtag für Jöhstadt sein. Sind doch an jenem Tage 250 Jahre vergangen, daß die schöne große Stadtkirche St. Salvator ihrem heiligen Zwecke übergeben wurde (2. September 1677). Freilich ist das nicht das älteste Gotteshaus der Stadt. Dieses war vielmehr bis zum Jahre 1839, wo es wegen Baufälligkeit abgebrochen werden mußte, das kleine St. Josephskirchlein auf dem Markte. Nach dieser ersten Kirche trägt die Stadt ihren Namen – denn Jöhstadt bedeutet Josephsstadt -, weshalb sie in die Reihe der Bergstädtenamen aus der heiligen Geschichte: Annaberg, Marienberg, Joachimsthal, zu zählen ist.

Die Stadtgerechtsamkeit datiert freilich erst seit dem Jahre 1655. Damals begann der Ort, durch Zuzug vieler aus Böhmen um ihres evangelischen Glaubens willen Vertriebener zu wachsen. Da das bisherige einzige Gotteshaus, das St. Josephskirchlein, zu klein wurde, entschloß man sich zum Bau eines neuen Gotteshauses, das unter finanzieller Mithilfe der ganzen evangelischen Christenheit 1675 – 77 notdürftig vollendet und am 12. Sonntag nach Trinitatis auf den Namen St. Salvator geweiht wurde.

Altar der St. Salvatorkirche.

Die Kirche ist in ihren großen Ausmaßen auf ein weiteres Wachstum der Stadt, das leider ausblieb, berechnet gewesen und zeigt, weil die Kirchgemeinde klein blieb, im Innern wenig Bemerkenswertes. Den seit 1862 weiß und gold gehaltenen Raum zieren vier ältere Pfarrbildnisse in Oel, je ein Oelgemälde von Luther und Melanchton an den Emporen, Werke eines Jöhstädter Pfarrerssohnes, des Kunst- und Historienmalers Prof. Otto Alexander Stichart (1838 bis 1905), drei einfache gläserne Deckenkronleuchter für Kerzenbeleuchtung an den Weihnachtsfeiertagen (während sonst die Kirche mit Gaslicht beleuchtet wird) und vor allem einen großartigen, wirkungsvollen Barockaltar. Er ist in seiner ganzen Größe – 9 Meter hoch und 6 Meter breit – von Andreas Petzold aus Schneeberg, einem aus Ungarn vertriebenen Evangelischen, im Jahre 1676 in Holz gearbeitet und von den Brüdern Meyer, Hofrat Dr. Andreas Meyer in Schlössel, einem Stadtteil von Jöhstadt, gleichzeitig mit dem Grund und Boden für den Kirchenbau der Kirchgemeinde geschenkt worden. Ein Sohn von Christian Meyer, Mag. Gottlob Andreas Meyer, war 1702 – 1721 hier Pfarrer, und zwar als Nachfolger von Mag. Samuel Rebentrost, der 1657 – 1701 Pfarrer hier war und unter dessen Amtsführung die St. Salvatorkirche gebaut wurde, deswegen er noch im hohen Alter Verdruß und Schwierigkeiten mit der Gemeinde hatte, so daß man sogar den Superintendenten von Annaberg bemüßigte. Der Altar stellt dar die Anbetung der Weisen aus dem Morgenlande vor dem Christuskindlein, er verdankt seine jetzige Farbgebung in Weiß und Gold der Erneuerung durch Joh. Gottlob Gleitsmann in den Jahren 1860 – 62. Der Taufstein ist 1677 vom Hammermeister Christoph Rübner in Sorgenthal, die zinnerne Taufschüssel 1735 von A. B. Rebentrost gestiftet.

Links vom Haupteingang zur Kirche, an dem stattlichen 46 Mtr. hohen Turme, in dem seit 1919 an Stelle der 1917 geopferten Bronzeglocken hängen, befindet sich eine Gedenktafel für einen auswärts berühmt gewordenen Sohn der Stadt, den Kirchenliederdichter Johannes Andreas Cramer. Er wurde hier geboren am 27. Januar 1723 als Sohn des 1721 – 1740 hier amtierenden Pfarrers Caspar Anton Cramer und starb in der Nacht zum 21. Juni 1788 als Universitätsprofessor und Vizekanzler zu Kiel. Von ihm stammen die beiden Lieder im sächsischen Landesgesangbuch „Der Herr ist Gott und keiner mehr“ und „Nimmt Gott, dem wir vertrauen“, sowie mehrere Lieder im württembergischen Landesgesangbuch.

Pfarrer Kurt Haustein, 1903 – 1924 Pfarrer an St. Salvator.
Verfasser umfangreicher Seiten über die Geschichte der Jubiläumskirche.

Auf dem Altarplatze befinden sich noch zwei Betstübchen, das auf der Nordseite für die Familie des Pfarrers, das auf der Südseite für den Kirchenvorstand bestimmt. Neben den Betstübchen ragt je ein Kruzifix und an der Nordseite hängt ein mit Glas bedeckter Kasten mit den Auszeichnungen der hier verstorbenen Krieger aus den Feldzügen von 1849, 1864, 1866 und 1870/71. Hinter dem Altar hängen zwei ältere, gelbseidene Fahnen, gestiftet von der am Bartholomäustage des Jahres 1655 gegründeten Berg-Knapp- und Brüderschaft, dem ältesten Vereine unserer Stadt. Auch wird an dieser heiligen Stätte neben 2 Kruzifixen für Begräbnisse die neue Knappschaftsfahne von 1858 aufbewahrt, die bei dem am 3. Pfingstfeiertage stattfindenden, im Jahre 1926 von Herrn Pfarrer Fr. Kunze wieder ins Leben gerufenen Bergaufzug mit Berggottesdienst der Berg-Knapp- und Brüderschaft vorangetragen wird.

Pfarrer Fritz Kunze, derzeitiger Pfarrer an St. Salvator.
Verfasser der Festschrift zum 250-jährigen Kirchweih-Jubiläum.

Gegenüber dem Altar, über den links und rechts vom Eingange befindlichen Betstübchen, befindet sich in gleicher Höhe mit den Emporen die Orgel.

Die alte Orgel war 1677 für 390 Thaler gebraucht gekauft und von dem berühmten Orgelkünstler Tobias Dreßel zugerichtet und verbessert worden. Sie umfaßte 1 Pedal und 2 Klaviaturen und zählte am Pedal 7, im unteren und oberen Manual je 6 klingende Register. – Die neue, außerordentlich solid gebaute Orgel ist 1860 und 1861 vom Orgelbaumeister Christ. Friedr. Göthel in Borstendorf für 1948 Thaler hergestellt und am 31. Juli 1861, 8. S. n. Trin., geweiht worden. Durch den Orgelbaumeister Guido Herm. Schäf in Freiberg wurde sie 1898 renoviert, gleichzeitig eine Aeoline 8′, 1903 ein Cellobaß 8′ und 1905 eine Violine 4′, letztere zum Heimatfeste gestiftet aus F. C. Lahls Musikschullegat, eingebaut. Gesamtzahl der Pfeifen 1379, der Prospektpfeifen in 8 Feldern 126; 27 Register, 2 Manuale, 1 Pedal.

(Nach der von Herrn Pfarrer Kunze verfaßten, außerordentlich wertvollen und interessanten Festschrift „Die St. Salvatorkirche zu Jöhstadt i. E., 1677 – 1927“).

Gar viel gäbe es noch zu erzählen von dem freundlichen Bergstädtchen Jöhstadt und seinem großen, arg verwitterten Gotteshause. Doch besser als hören, lieber Leser, ist schauen. Darum ziehe am morgigen Sonntag, den 3. September nach Jöhstadt und fahre durch rauschende Täler hinauf in das friedliche, dann festlich geschmückte Städtchen und zu seinem Gotteshaus.

Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 34 – Sonntag, den 4. September 1927, S. 1