Goldfunde im Erzgebirge.

Von Willi Jacob – Schneeberg.

Auch in Deutschland fehlte es nie an Versuchen, das gelbe, gleißende Edelmetall als edelstes und kostbarstes Gut, welches Mutter Erde den Menschenkindern bietet, zu erschürfen, auszuschmelzen oder aus dem Flußsande auszuwaschen. Aus dem Sande der Flüsse Rhein, Donau, Isar und Inn, im Harz, im Thüringer Wald und im Plauenschen Grunde wird sogar noch in der Jetztzeit Gold gewonnen.

Aus dem Mittelalter sind uns so viele Sagen überliefert von verzauberten Schätzen, von Gold- und Silberlagern, die sicher nicht alle frei erfunden, so daß es sich wohl lohnt, alte Schriften und Überlieferungen, die uns von goldkornhaltigem Sande in den Betten unserer heimischen Gewässer und von starken Goldadern im Gebirgsleibe erzählen, auf ihren geschichtlichen Kern hin zu untersuchen.

Peter Albinus schreibt 1590 in seiner „Meißnischen Bergchronika“: „Was für Bäche und örter oben auff dem Gebirge sein, so Meysen und Behmen scheidet (er meint damit nicht nur das Erzgebirge, sondern auch die anschließenden: Fichtelgebirge und Lausitzer Bergland), welche Gold führen, sollen die Frembden, als Welsche und andere Terminirer besser wissen als wir, wie die gemeine Rede gehet. Sonderlich sollen viel schwartze Graupen, wie man sie bei Schlackenwerda wäschet und Goldt draus macht, aus diesem Lande weggetragen werden.“ — — „Es ist in dieser Landschaft auch ein Sprichwort, das man an und umb den Fichtelberg (gemeint ist das Fichtelgebirge!‘) offt eine Kuhe mit einem Steinwirfft, welcher besser als die Kuhe ist.“ Wenn das auch sicher Uebertreibung ist, so schreibt doch Metthesius, der Bergprediger von Joachimsthal, von meißnischen Goldseifen im Obererzgebirge: „Das Wasch- und ledig Gold, das in Flüssen und Forellenbächen wächst, wird oft von Felsen und Gängen abgerissen oder von Grus und Dammerde ausgewaschen und vom Gebirge erledigt; es ist das edelste und reinste Gold, dem Kronengolde gleich gehalten und ist ein Qentlein mit 38 Groschen bezahlt worden. Solche Goldkörner, Flietschen und Flämmigen sind an Farbe und Gestalt nicht einerlei — — — —. Alle Bächlein an der Zschopau, die vom rothen Haus auf den Stolzenhain in das Grenzwasser am Weinberg (Weipert) fallen, haben gediegene schwarze Goldkörner bei sich geführet und die, so sich darauf verstanden, in kurzem reich gemacht. Im Grenzwasser Pila (Pöhla) hat man ebenfalls gute Goldkörner gefunden, die sich auch flötschen lassen wie Blei, und diese hält man für die besten, desgleichen im Bächlein Conduppel schwarze Körner, die man auf dem Amboß breit schlagen konnte. Im Preßnitzer Wasser haben die Alten gut Gold gewaschen, und hinter dem Spitzberge über Jöhstadt hat der Bach viel und gute Silberkörner geben. In allen Bächen zwischen Wolkenstein und Annaberg, die in die Zschopau fallen, hat man Granaten gefunden, als der beste Zusatz zum Gold und Körner so gut als Rheinisch Gold. In Forellenbächen um Marienberg haben die Alten gediegene Goldflietschen klein und groß gewaschen. Am Schwarzwasser und seinen Einfällen über und um Platten, Gottesgab und Breitenbrunn werden noch Goldflietschen gesammelt und bisweilen feine Stüflein gediegenen Goldes gefunden, welche von Chymisten höher denn ander Gold gehalten werden. An der Schneeberger Mulde werden auch deren gefunden und bei Eibenstock hat in einer Seifen, der Goldbrunn genannt, ein Mann des Tages 1 ½ Pfund Goldkörner waschen können, deren ein Pfund 14 bis 18 Gulden gegolten.“

Von den Fürsten und Behörden wurden die Suchen nach vermuteten Goldlagerstätten, nach Seifen und Anbrüchen in jeder Beziehung unterstützt und durch hohe Versprechungen und finanzielle Ermunterungen gefördert. Aber schon Christian Lehmann sagt 1699: „Man hat sich auf churfürstlichen Befehl sehr bemühet, die Goldgänge aufzusuchen, aber vergebens“, auch hätte „Churfürst Johann Georg I. darnach große Freiheit versprochen, wenn sie dergleichen Gänge entblößen würden.“ Der Buchholzer Pfarrer Christian Meltzer schreibt 1718 in seiner zweiten Schneeberger Chronik: „Wie große Freyheit auch der glorwürdige Churfürst Johann Georg II. gnädigst versprochen habe, hätte man keinerlei Goldgänge ausrichten und entblößen können, daher auch Ihre Königliche Majestät in Pohlen, als sie bey dero letzteren Anwesenheit den Schneeberger Bergmeister Fischer um Gold gefraget, zur Zeit keine Versicherung deßhalben hatte erhalten mögen.“

Heinrich der Fromme, der gewiß nicht an Prunk und irdischen Gütern hing, ermunterte die sächsischen Bergleute, nach Gold zu suchen. Der Sekretär am herzoglichen Hofe, Bernhard Freydinger, erzählt uns in seiner Lebensbeschreibung 1563, daß dem Herzog Heinrich zwei Tage vor seinem Tode von seiner Gemahlin ein gelbes, leinenes Säcklein auf das Krankenlager gereicht wurde, in dem „drey Goldkörner selbst wachsenden, gediegenen Goldes lagen, so nie ins Feuer kommen waren, ein jegliches einer ziemlichen welschen Nuß groß.“

Daß in unserem Vaterlande wirklich sehr früh Goldbergbau betrieben wurde, lehren uns der Schenkungsbrief Kaiser Friedrich I. über die Bergwerke im Bistum Meißen an den Bischof Heinrich zu Meißen vom Mai 1232, die Belehnung des Markgrafen Friedrich des Ernsthaften von Meißen im Jahre 1333 mit einem Goldbergwerke durch Kaiser Ludwig den Bayern (am Valtenberge, wo man wirklich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts Gold schürfte), ebenso der Vertrag Anarchs von Walde und Hirarchs von Waldenburg, Herren zu Wolkenstein mit dem Markgrafen von Meißen 1407, in dem sächsische Goldwäschen erwähnt werden. Das erste Dokument einer Belehnung in Sachsen auf Gold findet sich im Bergbelehnungsbuche des Bergamts zu Freiberg, S. 261b (von 1531) und betrifft eine Goldfreiseifen am Schleißbache im Amt Eilenburg. 1596 wurde vom Oberbürgermeister des erzgebirgischen Kreises eine Goldseifen bei Voigtsberg, damals zum Bergamtsrevier Schneeberg gehörig, verliehen.

Viel scheint aber nirgends rausgesprungen zu sein. Sollten doch die Sagen vom Goldmassiv an der Mulde, von der gediegenen Goldsäule im Scheibenberg, von dem „Zahn lauteren Goldes“, den Schnitter beim Getreidemähen am Galgenberge bei Arletzgrün (Joachimsthal) gefunden hätten u. a. m. nur „Sage“ ohne geschichtlichen Wahrheitskern sein? Oder sprechen die Sagen die Wahrheit, die oben Albinus andeutet, daß nämlich das „Fett schon abgeschöpft war“, daß Ausländer, „Ziegeuner und Welsche zuzeiten heimliche Schätze und viel Edelgestein ausgeforschet und in Kobern und Butten von dannen hinweg getragen?“

Es sind wirklich genug sichere Zeugnisse und Aussagen vorhanden, „daß durch mehrere Jahrhunderte hindurch (etwa von 1300 bis zum 30jährigen Krieg) in aller Heimlichkeit und unter Beobachtung größtmöglicher Vorsicht fleißige Hände goldhaltig Gestein gegraben, Gold aus dem Bachbett geholt und in ansehnlichen Mengen außer Landes gebracht haben.“ Man nannte diese Fremden Walen oder Venetianer nach ihrer Herkunft. Mit Namen kennt man u. a. folgende: Giovannus Carnero, Sebastian Verso, Johann Schott, Dr. Markus, M. Hieronymus, alle aus Venedig, Antonius Piger aus Florenz, Bastian (=Sebastian) Dersto, Matz (=Matthias) Nicol. Schlascan, Adam Bauch, George Bauch, Moses Hojung und die Brüderpaare Christoph und Hanß, Friedrich und Barthel, ebenfalls alle aus Venedig usw., alles Leute, die der Ueberlieferung nach (mehrere Sagen deuten darauf hin, können aber wegen Platzmangel (wie sie Meiche, Gräfe, Köhler usw. in ihren Sagenbüchern angeben) hier nicht abgedruckt werden) von guter Herkunft waren. Diese „Walen, Welsche, Wallonen, Venetianer, Zigeuner, Florentiner, Meyländer, Modeneser, ingleichen Brabanter und Flandrer“, wie sie heißen, schlichen als Mausefallen- und Pflasterhändler unansehnlich gekleidet durch alle Waldtäler und Gründe, prüften überall das Gestein, den Sand der Bäche, legten, ohne daß die braven Gebirgler es wußten, Schächte und Sandwäschen (Seifen) an, verrieten weder die Fundstellen noch die Menge des schon fortgeschleppten Goldes, wenn sie ertappt wurden, schrieben sich aber jede Fundstelle in kleinen Büchlein (es existiert noch eine Reihe dieser seltenen Walenbüchlein) auf und kehrten meist — als reiche Schatzgräber — in ihre Heimat zurück.

So interessant es wäre, einiges aus diesen Schriften (u. a. veröffentlicht von Lehmann 1699 und 1764, Dr. D. Kellner 1702, Schurig 1875, Gräße, Meiche, Köhler, Bernau) über Goldfundstätten im Obererzgebirge mitzuteilen, möchte ich es doch heute unterlassen; vielleicht geschieht es in einem anderen Artikel.

Vielleicht gaben aber doch die Walen den Sachsen erst den Anstoß, ihre Bergländer auf Edelmetall hin zu untersuchen. Für das Vogtland (Göltzschtal, Kottenheide und Steinheide) steht das fest. Dort bestanden später wirkliche Goldbergwerke, die zum Bergamte Schneeberg gehörten und am erfolgreichsten 1541 bis 1546 betrieben wurden. 1536 entstand Goldbergbau in Neumark bei Zwickau, ergiebig bis etwa 1550, der aber mit den Vogtländer Ausbeuten nicht konkurrieren konnte. Steinheide erhielt sogar 1534 als „Bergstadt“ vom Kurfürsten Johann Friedrich eine Bergordnung und 1536 einen besonderen Bergmeister. Von den Goldseifen bei Kottenheide erzählt uns 1701 der Chronist, „daß aus selbigem Seifengold göldene Medaillen eines Ducates groß und schwer gepräget worden“, auf dieser Denkmünze steht der alte Schneeberger Spruch: „Wenig Zubus, Viel Ausbeut, Machet Fröliche Bergleut!“

Für den erzgebirgischen Silberbergbau mochten diese Worte in seinen Glanzzeiten wohl Geltung gehabt haben, der Goldbergbau aber wird sich in unserer Heimat wohl nie recht gelohnt haben, er erforderte viel Zubuße und gab wenig Ausbeute. (Ein Protokoll einer Sitzung der Bergsachverständigen enthält 1545 im Anschluß an die magere Ausbeute der Steinheider „Goldgrube“ den Zusatz: „Geht jetziger Zeit mehr darauf dann man Nuz hat.“)

Die Blütezeiten des Erzbergbaues für unsere Berge sind dahin; wie um Silber, so ist es späterhin erst recht um Gold ruhig geworden, und die geologische Durchforschung des Gebietes hat nicht viel Hoffnung auf weiteren, gewinnbringenden Edelbergbau übrig gelassen.

Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 3 – Sonntag, den 15. Januar 1928, S. 1