Der Buchholzer Männerchor in Teplitz 11. und 12. September.

Hochsommerglut liegt über dem Böhmer Land. Erwartungsvoll schlagen die Herzen der Buchholzer Sänger, die der Schnellzug mit Windeseile durch lachende deutsche Gaue trägt. Der Brüxer Schloßberg, der Biliner Borschen grüßen herüber, und als es dunkelt, geht die rasende Fahrt vorbei an gespenstisch aufragenden Fördertürmen und brennenden Aschenhalden. ½ 8 Uhr fährt der Zug in Teplitz ein. Kurzer, markiger Willkommensgruß der „Liedertafel“ empfängt die Gäste. Rasch sind die Quartiere verteilt, dank der zeitraubenden Vorarbeit von Freund Aurich, der uns bis Dux entgegengekommen war, und schon nach 1 Stunde kann der Kommers im dichtgedrängten Monopolsaale seinen Anfang nehmen. Einen Ueberblick über den Verlauf all der glänzenden Veranstaltungen gewähren die Berichte der Teplitzer Zeitung, die wir bereits zum Abdruck brachten. Hier sollen nur einige herzerhebende, unvergeßliche Bilder Erwähnung finden. In malerischen Einzelgruppen vereinigte ein großes, lebendes Bild gemütvolle Szenen aus deutschen Volksliedern, und inmitten standen die Führer der beiden Vereine – Hirschmann und Mitte – und reichten sich die Hände. Sinniger und wirkungsvoller konnte die Feierlichkeit der Verbrüderung nicht zum Ausdruck gebracht werden. Herr Hirschmann, Herr Bürgermeister Fleischer, Herr Stadtrat Modrey, Frau Repprich – alle sprachen in ehrenden Worten zu den Gästen. Als aber Frau Ungermann, die redegewandte Obmännin der Sängerinnenabteilung, ihre Begrüßungsansprache geendet und Herrn Mitte, dem schon von Frau Rapprich eine prachtvolle Blumenspende eingehändigt worden war, einen duftenden Strauß zuwarf, da ließen ihre Sangesschwestern einen wahren Blumenregen auf unsere Sangesbrüder niedergehen. Was Wunder, wenn nach solch ungeahnter Ueberraschung hie und da Tränen der Rührung in manchem Auge blitzen! Nach dem langanhaltenden Beifall zu schließen, den die Dankesworte des Herrn Mitte, der wuchtige Männerchor „Wieland der Schmied“ und der poetische „Gruß an Teplitz“ des Sangesbruders Rothe auslösten, sind auch die Gaben der Buchholzer Sänger nicht ohne tiefen Eindruck geblieben. Das Händeschütteln wollte kein Ende nehmen. Die eigentliche gesangliche Weihe gab dem Abend Herr Pilz mit seiner „Gralserzählung“. Was sonst noch von beiden Seiten an Schönem geboten wurde, kann hier nur mit Worten des Dankes und der Anerkennung gestreift werden. ½ 2 Uhr endete die schöne Feier, die nicht Kommers, nicht Fidelitas war, sondern ein Festabend, eine Huldigung an die Kunst, ein Schwelgen in Genüssen für Herz und Gemüt. Unter sachkundiger Führung besichtigte man am Sonntag vormittag die Sehenswürdigkeiten der Stadt, besonders den Riesenneubau des Theaters, von dessen geräumigem Altan Sängersprüche erbrausten, und das neuzeitlich eingerichtete Steinbad. Hieran schloß sich ein Frühschoppen im idyllischen Garten des Schloß-Cafés, wo Hunderte von Menschen sich zusammenfanden, wo die Kurkapelle mit klassischer Musik aufwartete und die Sonne verschwenderisch Glanz und Wärme spendete. Unaufhörlich rieselte müdes Laub aus den Baumkronen hernieder. Es stimmte uns auf Augenblicke wehmütig, da wir der nahen Scheidestunde gedachten. Die Herzen entflammte aber noch einmal nationale Begeisterung und sangesfreudige Stimmung, als nach gemeinsamem Mittagsmahle der Buchholzer Männerchor im Kurgarten vor einer wohl tausendköpfigen Menschenmenge mit ungeschwächter Stimmkraft seine Weisen zum Besten des Deutschen Kulturvereins ertönen ließ. Liedermeister und Sänger hatten ihre Heimatstadt, die nur wenige Teplitzer den Namen nach kannten, Ehre eingelegt, das können wir mit Stolz und ohne Ueberheblichkeit aussprechen. Rauschender Beifall und lobende Zeitungskritik bezeugten es. Nach dem letzten Liede „Es ist ein harter Schluß“ setzten noch einmal stürmische Zurufe und nicht enden wollendes Händeklatschen ein, in denen sich Sympathie und Dankbarkeit für die Gäste kund gaben. Eine Stunde später rollte der Zug hinaus aus der gastlichen Stadt, nach Westen zu, wo die Sonne unterging. Lange, lange noch sah man die zahllosen, weißen Tücher zum Abschiede wehen. Lebt wohl, ihr wackeren deutschen Brüder und Schwestern und habt Dank für alle eure Liebe! Die Erinnerung an unsere Sängerfahrt wird uns immerdar freundlich durch das Leben geleiten.

Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 40 – Sonntag, den 3. Oktober 1926, S. 4