Das 4. Obererzgebirgische Gesangsverbandsfest in Buchholz am 20. August 1850 (3)

(Fortsetzung und Schluß.)

Der alte Buchholzer Schießhausplatz mit dem Schießhaus, der alten Eisbahn etc.

Unser heute vorliegendes Bild zeigt nun eine andere lokalhistorische Stätte unserer Stadt am Buchenholz: den Schießhausplatz.

Dieser Platz an der Sehma, der noch heute zu Jahrmärkten und bei sonstigen Veranstaltungen der Volksbelustigung dient, hat schon in alten Zeiten denselben Zweck erfüllt. Unser Bild zeigt den Platz mit Fahnen geschmückt für das Sängerfest. Wie aus unseren letzten Berichten des „E. H.“ ersichtlich, sollte hier das weltliche Gesangskonzert abgehalten werden. Durch ein Verbot der Regierung war dies leider verhindert worden. Trotzdem war aber, wie unser Bild zeigt, hier ein reger Verkehr. Der Schießhauswirt hatte für einen guten Tropfen gesorgt und es ging besonders abends beim Tanz hier gar lustig zu.

Wer sich des alten Schießhausplatzes noch erinnern kann, der findet sich auf unserem Bilde sehr wohl zurecht.

Das Schießhaus stand an derselben Stelle, wo heute das Gasthaus „Deutscher Kaiser“ steht. Rechts neben dem Schießhaus befanden sich die einfachen Schießstände. Es wurde entlang der Sehma in der Richtung der heutigen Rostfabrik bis zur Männerturnvereinshalle geschossen. Auf dem jetzigen städtischen Bauplatz stand früher auch eine starke Tanne und wird diese vielen alten Buchholzern noch bekannt sein. Sie stand zwischen der Männerturnvereinshalle und der Rostfabrik. Beim Ufermauerbau mußte aber auch dieses Wahrzeichen von Alt-Buchholz verschwinden. Um diese alte Tanne hat manche Volksbelustigung sich abgespielt. Insbesondere haben an ihr oft die alten „Schnepper“-Schützen einen Vogel befestigt, der unter allgemeiner Belustigung dann abgeschossen wurde. Links vom Schießhaus, dort, wo auf unserm Bilde Fahnenmasten zu sehen sind, war die alte Buchholzer Eisbahn. Die Firma Bauer und Philipp hatte hier eine Windmühle errichtet, mittels derer das Wasser aus der Sehma auf den Platz gepumpt wurde. Die Buchholzer Eisbahn war allzeit gut gepflegt und besucht, zumal es ja auch im Schießhaus immer einen starken Punsch zur inneren Erwärmung gab. Die Wirtschaft im Schießhaus führten s. Zt. ein gewisser Löser aus Cunersdorf, später Preuß, Lötsch und August Wolf, dann vom 1. Mai 18?3 ab Oswin Otto. Dieser war der letzte Besitzer des Schießhauses. Im gleichen Jahre noch brannte das alte Schießhaus nämlich vollständig ab. Man nimmt an, daß die Papierketten, die s. Zt. viel zur Schmückung verwendet worden sind, in der Nähe der Esse Feuer gefangen hatten und den Brand verursachten. Herr Emil Langer (Karlsbader Straße), einer unserer ältesten Buchholzer, weiß sich jener Zeit noch gut zu erinnern. Er erzählt auch daß Otto in der Nähe des Schießhaussteiges, der damals noch ganz eng gewesen ist, eine große Bretterbude errichtet habe, in der man dann, nachdem das Schießhaus nicht mehr war, flott weiter gelebt und getanzt habe. So lustig soll es beim Klange eines alten Musikwerkes oft zugegangen sein, daß sogar die hohe Polizei habe Ruhe und Ordnung wieder herstellen müssen. Zei angetrunkene Zecher sollen einmal von dieser Bude weg direkt in den nahen Mühlgraben gelaufen sein.

Fremdenhof „Deutscher Kaiser“ in Buchholz
(Die Veranda, entlang der Talstraße, die ursprünglich geplant war, ist nicht zur Ausführung gekommen. Dagegen ist noch ein Bühnenraum und Stallung angebaut worden.)

Unser erstes Bild ist vor allem auch deshalb besonders interessant, weil man auf ihm noch die alten Talwiesen erblickt, die früher da bestanden, wo heute die breite Talstraße sich hinzieht, parallel begleitet und etwas erhöht vom Schienenstrang der Chemnitz-Weiperter Bahnlinie. Wie die Eisenbahn fast direkt am „Deutschen Kaiser“ vorbeiführt, wird besonders aus dem 2. Bilde ersichtlich. Auch interessieren hier besonders die alten Hochräder, die Fuhrwerke etc.

Das Flußbett der Sehma, die heute noch wie damals in unablässigem Laufe am Schießhausplatz vorbeirauscht, war damals noch nicht reguliert und mit Ufermauern versehen. Eine Sehma-Unterhaltungsgenossenschaft gab es noch nicht, die mit dem Wasseramt der Amtshauptmannschaft und mit dem Straßen- und Wasserbauamt die Flußläufe überwacht. Frei und unbehindert strömte das Wasser vorbei und gar oft trat das Flüßchen aus den Ufern und überschwemmte den weiten Wiesenplatz am Schießhausplatz.

Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 51 – Sonntag, den 19. Dezember 1926, S. 1