Aus einer alten Scheibenberger „Lade” (3).

Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 22 – Sonntag, den 27. Mai 1928, S. 2

Die Forderung zum Bräutigamskleid:

  • 5 Ellen Meißnisch Tuch, 2½ Ellen breit,
  • 14 Ellen Schauße … 3½ Viertel breit,
  • 13 Ellen und 1 Viertel Kerzenell, so 1 Elle breit …

Als Forderung zu einem Grubenkleid galt damals:

  • 4 Ellen und 1 Viertel Leinwand, 2 Ellen breit,
  • 8½ Ellen Bargent ellenbreit.

Die Angabe deckt sich mit der Forderung für 1 Fuhrmannsschaub.

Die Maße für Strümpfe lauten:

  • 5 Viertel und 1 Sechzehntel lang hinten rauf,
  • 3 Viertel und 1 Sechzehntel nauf an die Kniekähle,
  • ¼ weit in der Nath,
  • 2 Ellen oben weit herumb, 8½ Viertel d. ganze von der Fußzähe vorn an biß oben nauf,
  • ¼ und 3 Sechzehntel d. Zwickel i. d. Sohle lang, ½ Elle in der Höhe,

Forderung hierzu:

  • 1½ Elle Tuch, so 2½ Elle breit, 7½ Viertel Kannefaß oder Meisterleinwand, so ellenbreit.

Zwei starke Quartbücher enthalten Aufzeichnungen über das Aufdingen, Lossprechen und Meisterwerden. Nicht weniger als 320 Jungen sind im Laufe der Zeit als Schneiderlehrlinge eingetragen, darunter 12 mal Brüder vom väterlichen Berufe. Das 1. Lehrlingsbuch beginnt am 27. Mai 1678, das 1. Aufgedinge eines Schneiderlehrlings steht aber im alten Meisterbuche als: Quartal Crucis 1673. Im Gegensatz zur heutigen Vielprobiererei im Handwerk kommen aber nur 2 Abgänge vor von solchen Burschen, die entliefen. Der erste derartige Fall kam 1806 vor. Der damalige Handwerksschreiber bemerkt dazu: „Dieser ist in alle Welt gelaufen, und ist bis 1833 keine Spur von ihm zu erforschen gewesen.” Ein 2. Fall kam 1844 vor. Aufgedingt und losgesprochen zu gleicher Zeit kommt neunmal vor Überweisungen von Lehrjungen an andere Meister ebenso oft. Eigenartig muten einen die eingetragenen Formeln jener Zeit an, z. B.

„Heide dato den 27. December Anno 1686 duht Meister Zachareaß Franck seinen LehrJungen Midt Nahmen Christian Borgert bey einem Erbarn Handwergk der schneider allhür auf Drey Jahr Aufdüngen Und ein schreiben / geschehn bei H. Vor Meister Israel Kästner / wegen der Lehr Und gebohrt so ist Meister Michael Hüller bürge worden, Und Paltzer lendl auß den Gründstehtlein bürge aller seids.”

Das „Heide” wandelt sich erst vom 14.7.1745 in „Heute”.

Im Laufe der Zeit scheinen auch Höflichkeit im Ausdruck und Zubilligung von Gerechtsamen an den Lehrjungen sich zu mehren was ein anderes Beispiel zeigen soll:

„dato den 1. October 1704 under dem Quart. Luciae thut Mstr. Gottfriedt Lämmel auß der Pöhla einen LehrJungen auf daß Schneider Handtwergk auf 3 Jahr aufdingen mit nahmen Gottlob Schram / den geburtsbrief will er binnen Jahres Frist bey Einem Ehrb. Handw. einlegen, dafür ist des Junges Vader, Balthasar Schram, und der lehr Mr. burge worden, geschehn bey dieser Zeit Vor Meister, Mich Mart. Hüller.”

Aus der Zeit, da Scheibenberg Garnisonsort war, liegt ein Aufgedinge eines gewesenen Musketiers vor, wie folgender Eintrag beweist:

„Heute dato den 30. Jan. 1767 läßet Mstr. Gottlob Kästner als Stadt-Mstr. einen Borschen aufdingen nehmlich einen Muscliter von den Hoch-Löblichen Kraf Solmischen Infanten Rogim. des Herrn Haupt-Man Grafens von unRuh (Unruh) Companie Georg Carl Wöntzschak von Wittigensblau auf 3 Jahr aufdingen vor offner Laden. Die Bürgen sind Mstr. Christian Graf …”

Eine spaßige Schlußnote findet sich am Ende einer Aufdinge-Niederschrift v. Quart. Trin. 1786, die einen dabei befindlichen „Klecks” so erklärt: „… ist betrunken gewesen”. Man hat also bei derartigen Innungsversammlungen auch damals Herrn „Gambrinus” ein Opfer gebracht.

Meisterssöhne sind bevorzugt worden, wie dies Beispiel lehrt:

„Heute dato den 23sten Sebtember 1809: läßet unser Rittmeister Johann Traugott Hilldebrand seinen Lehrling Nam. Joh. Gotthelf Hilldebr. lossprechen; da er seine Lehre ausgestanden hat und eines Meisters Sohn ist und ziemlich an die Jahre ist, so hat ihm ein Ehrsames Handwerk ein Jahr seiner Lehre zu Gute gehen lassen und ist vor offener Lade und versammelten Handwerk frey und loßgesprochen worden. Geboren ist er in Radeberg, sein Vater ein Schneider und bey obenerwähnten Meister, seinem Bruder, hat er die lehre (gehabt), mit Anwünschung Gottes Gnade und Segen; zu dieser Zeit Vormeister Cr. Fr. Müller.”

Als am 30. November 1822 bei einer Überweisung eines aufgedingten Lehrburschen an einen andern Meister sich eine Sondersitzung des Ehrbaren Handwerks nötig machte, schrieb der damalige Obermeister in das Lehrlingsbuch:

„Wir wünschen aber, daß wir einem Lehrling wegen nicht ein ganzes Buch voll schreiben müßen, oder (aber) das er bei dem 2ten Meister auslernt.”

In den späteren Jahrzehnten wurde die Einrichtung getroffen, gemeldete Lehrlinge erst auf Probe zu nehmen vor dem Aufdingen. Hierzu ein Beispiel:

„Heute dato den 21. Mai 1834 läßet unser Mitmeister Carl Heinrich Mey seinen lange auf der Probe gehabten Lehrling Friedrich August Krauße, ein Meisterssohn, seines Alters laut Taufzeugniß und Geburtsschein 22 Jahre alt, im Beisein unsers gerichtlichen Beisitzers, Herrn Stadtrichter Lorenz, und vor offner Lade aufdingen. Vielseitigen Umständen wegen hat dieser Lehrling im 14ten Lebensjahre nicht aufgedingt werden können, ist aber im Stande als braver Schneidergeselle auszuwandern; und daher wird er auf den 24. Juni a. c. frei und loßgesprochen. Mit Bewünschung Gottes Gnade und Segen.

NB. ist über 7 Jahre auf der Probe gewesen und ein guter Arbeiter.”

Aus Billigkeitsgründen mögen aus den verschiedenen Jahrhunderten auch einige „Lossprechungen” folgen:

  1. „Dato den 29. Maj 1694 als am Qu. Trin. thut Mstr. Ehrgott frit. Jugel seinen Sohn mit nahmen Johann Frietrich (als) auf 3 Jahr außgelernet (angeben); geschehen bey Vor Mstr. Paulus Piltz.”
  2. „Dato den 19. Maj Ao. 1744 läßt Meister Michael Lang seinen Sohn Christian von 3jähriger Lehjre bey E. Erbarn Handtwerk vor offner Lade frey und Loßsprechen. Geschehen bey dießer Zeit Vor Meister Johann Georg Fischer.”
  3. „(Da) Carl Friedrich Müller als Meisterssohn von Carl Friedr. Müller sein. seine Lehre von 2 Jahren bey Mstr. Carl Rudolf Wiederanders richtig aus(ge)standen hat, sich während der Zeit ohne ausNahme gut betragen (hat), wird er in beyseyn des Herrn Senators Lorentz und (vor) ofner Late Losgesprochen.
  4. Schneider Innung Scheibenberg, den 5ten Juni 1827.”

Die Kosten für 1 Aufgedinge betrugen damals nach einer alten Spezialrechnung:

— rl.19 Gr.— Pf.Ladenschluß,
— rl.13 Gr.5 PfRentamtskasse
— rl.13 Gr.5 Pf.an E. E. Stadtrath,
— rl.13 Gr.1 Pf.der Kirche allhier,
— rl.10 Gr.i. d. Leichencasse,
— rl.5 Gr.— Pf.d. gerichtl. Beisitzer,
1 rl.10 Gr.— Pf.dem Handwerk,
— rl.2 Gr.5 Pf.Feuergeräthscasse,
— rl.2 Gr.5 Pf.Armeecasse,
— rl.2 Gr.5 Pf.dem Handweksschreiber.
3 rl.22 gr.6 pf.

Wie man Meister wurde.

Das alte Meisterbuch gibt zunächst Aufschluß über gewisse Erleichterungen bei Erwerbung des Meisterrechts für Meisterssöhne, die ja damals hauptsächlich darnach strebten schon um der alten Kundschaft des Vaters willen. So gibt das Buch mehrere „Contracte” an, die über die Anforderungen der „Meisterschaft” Aufklärung schaffen.

Der Wortlaut des 1. Kontrakts ist der:

„Contract oder gewiße Puncte, wie es ins Künftige soll gehalten werden, wenn eines Meisters Sohn will Meister werden.

  1. So Eines Meisters Sohn will Meister werden, soll er zwar verbunden sein, Anfangs, wie es Bräuchlichen, Einen Muthgroschen Legen, das andere Quartal aber, wenn es ihm gefelt, Zwey Muthgroschen mit einander (auf einmal) legen, und nicht gezwungen sein, die dritte Muttung, wie ein frembder, der keines Meisters Sohn ist, zu bezahlen.
  2. Soll er zwar das MeisterStück verferttigen, iedoch nur die Helfte, Alß: den Priester Rock, das Meßgewandt und das GrubenKleidt, und weil (wenn) Er über dem Exercitio ist, Einen Tag umb den andern Zwey Meister zu ihm gehen, denselben soll er nach Vermögen etwas Essen und etliche Kannen Bier hohlen laßen.
  3. Soll auch eines Meisters Sohn des Stück Essens befreyet seyn, aber, frühe bey der Materie mit dem Brandewein und Semmel einem Frembden gleich seyn.

(Fortsetzung folgt.)