Was Adam Daniel Richter in seiner berühmten Chronik der Stadt Annaberg über Schlettau berichtet (2)

Von Dr. M—r.

(Schluß.)

Richter kommt nun auf das Kirchgebäude zu sprechen und erwähnt, daß Magister David Wendler, Prediger in Regensburg, Bruder des in Schlettau geborenen und seit 1640 in Wittenberg als Professor wirkenden Dr. Michael Wendler’s, „seinem Vaterlande zu Ehren in dasige (hiesiger) Kirche den Altar (hat) aufrichten lassen, an welchem nicht allein sein Bildniß, sondern auch diese Inscription (Inschrift) zu lesen (ist):

„Munere Davidis Wendleri servio Jovae,
Qui Ratisbonam coelica verba docet.“

Auf deutsch:

Ich diene Gott durch die Freigebigkeit David Wendlers,
der Regensburg Gottes Wort lehrt.

Sodann:

„David Wendlers milde Hand
Hat aus Lueb zum Vaterland,
Und dir Herr zu deinem Preiß
Mich erbaut auf diese Weiß. anno 1668.“

In den weiteren Kapiteln seiner Chronik berichtet Richter über verschiedene Annaberger Geistliche und Schulmänner, die zeitweise in Schlettau amtiert hatten bezw. in Schlettau geboren waren.

So führt er einen Magister Wolffgang Held an. Dieser war zuerst Konrektor, dann Rektor an der Annaberger Schule und wurde dann Prediger an der Annaberger Bergkirche. 1585 wurde er nach Zwickau als Superintendent berufen: „Weil er aber des Calvinismi in Zwickau verdächtig wurde, so haben sie ihn des Nachts zum Thore hinaus gejagt.“ Hierauf wurde er 1590 Pfarrer in Schlettau. „In Schlettau sind sie aber ebenso zufrieden (lies: unzufrieden) mit ihm gewesen wie die Zwickauer; denn anno 1597 die Nat. Christi hor. 6—7 (am Tage der Geburt Christi in der 6./7. Stunde) sagte Sebastian Neubisch, bene potus (stark betrunken), in Schlettau auf der Gasse zu einem: Du Annaberger (qui Consul erat = welcher Bürgermeister war), du Dieb, mit deinem diebischen Calvinisten, daß dich Gotts usw.! Du bringst den Calvinischen Pfaffen zu uns, wir wollen ihn wiederum zum Thore hinausjagen. Er (der Pfarrer) ist in Schlettau hernach anno 1600 gestorben.“

Ferner erwähnt Richter einen Archidiakonus George Messerschmidt, „welcher anno 1539 nebst dem ersten Superintendent (Magister Christoph Ehring oder Erich) von Luthero nach Annaberg geschickt worden. Er soll Diakonus vorher in Schletta gewesen seyn.“

Sodann gedenkt Richter zweier Lehrer an der Annaberger Schule, die aus Schlettau stammten, nämlich der Brüder Simon und Gottried Arnold.

„Simon Arnold, von Schletta, wurde 1659 den 7. Jun. Sextus (der sechste Lehrer), den 24. Jul. Quartus (der vierte Lehrer), starb jähling den 24. Jul. 1694. Er war Abends gesund und frisch zu Bette gegangen, hatte auch selbiges Tages seine Kirschen und Amarellen selbst abgenommen. Frühmorgens hat er mit seiner Frau noch geredet, auch noch eine Weile zu schlafen begehret. Als nun seine Frau nach einer kleinen Zeit nach ihm sahe, und ihm ein Sträußgen aus seinem Garten bringen wolte, so liegt er todt im Bette, und wurde den 27. Jul. begraben.“

„Gottfried Arnold, von Schletta. Nachdem sein Bruder Simon Arnold 1665 Quartus wurde, so kam er den 24. Jul. 1665 als Collega Sextus hieher. Er starb an der Wassersucht und Geschwulst den 11. April 1695.“ Richter bemerkt noch, daß dieser Simon Arnold der Vater des Theologen Gottfried Arnold (geb. 1666 zu Annaberg, gest. 1714 in Perleberg) war, der durch seine „Unparteiische Kirchen- und Ketzerhistorie“ zu seiner Zeit größtes Aufsehen erregte und weit berühmt wurde, auch heute noch unvergessen ist. In diesem seinem Hauptwerke schrieb er der Ketzerei ein Streben nach wahrem Christentume zu und wies ihre Berechtigung durch die Mängel usw. der Kirche nach. Arnold hat außerdem mehrere mystische Schriften herausgegeben und zahlreiche geistliche Lieder gedichtet, sich auch als Geschichtsschreiber König Friedrichs I. von Preußen, dessen Schützling er war, verdient gemacht.

Hiermit wäre ich am Schlusse. Weshalb ich wohl dies alles geschrieben, weshalb ich in alten vergilbten Büchern nachgespürt habe? Als Antwort möchte ich das geben, was Richter in dem Vorwort zu seiner Annaberger Chronik so trefflich sagt:

„Die Geschichte des Vaterlandes können niemahls denen Bürgern einer Stadt unangenehjm seyn, sondern ein jeder lieset gerne den Ursprung, den Wachsthum und die Schicksale des Ortes, darinnen er gebohren, und darinne er wohnet. es sind aber auch ferner die Geschichte eintzelner Städte gleichwie nöthig, also auch sehr nützlich, damit man mit der Zeit eine vollständige Historie des Landes daraus verfertigen könne. Es wäre also zu wünschen, daß ein jeder Ort, alle und jede Städte, ja Flecken und Dörffer, ihren Ursprung, Anwachs oder Abnahme und Schicksale aufgezeichnet hätten.“

Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 23 – Sonntag, den 3. Juni 1928, S. 2