Vom Wintersport im Erzgebirge.

Ein Wintersonntag im Erzgebirge! Welch ein farbenprächtiges, lebensfrohes Bild. Die Sportzüge rollen vollbesetzt nach Oberwiesenthal. Die Skier klappern lustig durcheinander und auf der Durchfahrt grüßen mit fröhlichem Heil von den Hängen des Gebirges die frischen Buben und Mädels, die auf Schneeschuhen und mit dem Rodel zu Tale sausen. Wenn doch der Winter noch recht lange bliebe und wenn es vor allem doch wieder einmal einen recht grimmigen Winter gäbe, daß die Leute aus ihren Häusern und Hütten sich richtige Tunnel graben müßten! Ob es denn wirklich wahr ist, was uns die Alten da erzählen vom alten erzgebirgischen Winter? Wenn der Schneesturm manchmal so recht heult und den feinen Schneestaub über die Ebene treibt, dann möchten wir es schon glauben, daß der Winter im Erzgebirge grimmig und kalt sein kann. Oft aber werden wir doch etwas ungläubig und möchten wirklich an die Verschiebung der Erdachse denken, wenn es im Januar, dem eigentlichen Wintermonat, anfängt zu tauen und zu regnen. Gottlob, solch Wetter ist ja aber nur vorübergehend. Ueber Nacht schon fällt neuer Schnee und breitet ein sauberes Tuch über Feld und Wald, über Dorf und Stadt. Wenn dann Sonntag ist, dann gehts hinaus auf die Berge. Ueberall stehen an den Hängen die Sprungschanzen und, wie unser Bild zeigt, geht es unter begeisterter Zuschauermenge in schneidigem Sprung zu Tal. Aber auch Rodel und Schlittschuh kommen zu ihrem Recht und eines der schönsten und idyllisch gelegenen Fleckchen im Erzgebirge besitzt unser Buchholz in seiner geschützten Eisbahn auf dem Waldschlößchenteich. Ein alter schöner Sport, den auch Ski und Rodel nicht verdrängen können, bleibt der Eissport. Seiner Pflege sollte sich unsere Einwohnerschaft deshalb recht annehmen

Blick vom Buchholzer Waldschlößchen auf die Eisbahn

Zum Sport gehört aber nicht zuletzt auch das Wandern am prächtigen Wintertag. Auch hier kommen Herz und Lunge auf ihre Kosten. Wie feiertäglich haben sich Wald und Flur mit weißem Königsmantel angetan, um uns zu einer andachtsvollen Stunde zu empfangen. Feiertagsstimmung zieht bei uns ein, wenn uns die Einsamkeit der Winternatur umgibt. Klingt aus dem Tal ein Glöcklein zum Kirchgang, dann spricht auch die Seele des einsamen Wanderers in der Stille ein Gebet und dankt dem Schöpfer für die stumme Predigt des Winterwaldes.

Die landschaftlichen Schönheiten unserer erzgebirgischen Heimat geben dem winterlichen Leben überall ein besonderes Gepräge und in das festliche Bild der Winternatur fügen sich harmonisch die Menschen ein. Das fröhliche Herz der schmucken Sportlerinnen und Sportler lacht uns aus munteren Augenpaaren entgegen. Die Menschen, die uns hier begegnen, sind von einem gesunden Schlag. Das Kleid des Alltags haben sie in den grauen Städten zurückgelassen und einen schmucken Norweger oder ein farbenprächtiges Sportkostüm angelegt. Wenn dann der Winter dazu die Wangen rot und frisch bemalt, sieht doch so ein Menschenkindlein ganz, ganz anders aus, als im Sorgenkleid des Alltages.

Am großen Sprunghügel Oberwiesenthal.

Ski-Heil klingt es von Berg zu Tal, Ski-Heil von Männlein zu Weiblein. Wenns nicht die Stimme oder das Stimmchen verrät, wer soll es ahnen, ob Bub oder Mädel in solch schicken Sporthosen steckt? Bei sausender Fahrt im Stieben des Schnees verwischen sich ja so wie so dann alle Konturen und wenn im Wirbel eines ungewollten Sturzes im weichen Schnee Purzelbäume geschlagen werden, dann bleibt erst recht nichts, als ein rotierendes schwaches Pünktlein auf dem weißen, weiten Schneefeld. Welch herzliches Lachen und welcher Frohsinn begleiten aber auch solch kleines Malheur. Zur rechten Winter- und Sportlerfreude gehört es ja, innige Bekanntschaft zu machen mit dem weichen, wolligen Schnee. – Wie alle Jahre, so sind auch diesmal eine größere Anzahl von Sportveranstaltungen angesagt. Über diese berichten wir unseren Lesern laufend im redaktionellen Teil unserer „Obererzgebirgischen Zeitung“. Dem fröhlichen Wintersport im Erzgebirge aber auch an dieser Stelle ein kräftiges „Heil!“

Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 3 – Sonntag, den 16. Januar 1927, S. 1