Vom Holzfahren im Erzgebirge.

Die gefahrvollen Holzschlittenfahrten. –
Der Waldreichtum unserer Heimat.

Unser Bild ist so recht ein Ausschnitt unserer erzgebirgischen Heimat. Irgendwo draußen im tiefen Forst sehen wir unsere Landsleute – echt erzgebirgische Typen, dem Bilde nach – bei der Arbeit. Waldarbeiter sein, gewiß kein leichter, aber doch ein schöner und gesunder Beruf. Wenn wir daran denken, wie in früherer Zeit Holzfäller und Holzfahrer in den Wäldern lebten, dann empfinden wir ein Stück Poesie des alten Erzgebirges. Die Holzfäller lebten einsam in ihren Hütten im Forst. Blockhäuser waren es primitivster Art. Um dem Wind und Wetter zu wehren, waren die Hütten meist ohne Fenster und glichen dunklen Höhlen, in denen nur das Kaminfeuer ein spärliches Licht spendete. Auf oft feuchtem Boden diente ein Lager von Reisig und Moos für die Nachtruhe. Das ganze Mobiliar bestand aus einem einfachen Holztisch und einer Bank. Für die Hausfrau waren ganz primitive Küchengeräte vorhanden, mit denen man sich eben nur ein karges Mahl zubereiten konnte. Trotzdem führten diese Waldmenschen ein zufriedenes Leben. Der Wald war ihre Heimat!

Das Leben da draußen im Forst war gewiß nicht leicht und gefahrlos. Besonders das Fahren der Holzschlitten war ein gefährliches Stück Arbeit. Da die Straßenverhältnisse in alter Zeit noch sehr im argen lagen, wurden zur Abfuhr des Holzes Waldschneisen geschlagen, auf denen man eine Schlittenbahn aus blanken Brettern zimmerte. Auf diese wurden Geleise angelegt, zwischen denen die Holzschlitten zu Tale fuhren. Die Holzschlittenfahrer saßen mit gespreizten Beinen zwischen hohen Schlittenkufen; an den Hörnern wurden die oft schwer beladenen Schlitten dirigiert. Die Schlitten kamen bei zu starker Beladung oft schnell in Schwung und sausten dann in unheimlich toller Fahrt zu Tal. Vorbei an rauschenden Bergwässern ging es, hurtig über primitive Holzbrücken hinweg – zu Tal, zu Tal! Manch armer Holzfahrer freilich kam bei so toller Fahrt ums Leben und manch kinderreiche erzgebirgische Familie verlor auf diese Weise ihren Ernährer.

Die Romantik des alten Holzfällerlebens hat sich bis auf unsere Tage in unserer Heimat erhalten. Noch heute verdienen ja viele männliche Bewohner unserer erzgebirgischen Ortschaften, wie Neudorf, Kretscham etc. ihren Unterhalt als Waldarbeiter, während daheim Frauen und Kinder der Heimarbeit am „Klippelsack“ nachgehen. Draußen im Walde aber klingen lustig Axt und Säge und des Fuhrmanns „Hüh“ und „Hott“. Wie auf unserem Bild zu sehen, werden die Stämme mit Ketten verbunden, durch Pferde zusammengeschleift und darauf zu Tal gefahren. Tief unten im Tale, wir sehen’s auf dem Bilde, steht schon die alte Brettmühle, die blanke Kreissäge singt in den sonnengoldenen Herbsstag hinein ein schmermutvolles Lied. Drei Bretter sah ich fallen … Dem Wandersmann, der draußen an alter morscher Fichte lehnt, wird gar eigen zu mute. Stirbt der Wald, so singt auch in Dir ein Lied vom Tod und vom Scheiden. Ja, warte nur, warte nur, balde, balde schläfst ja auch du … Aber Gottlob, schon heben sich aus wohlbereiteten Betten neue kleine Fichtenbäumchen lustig empor. Werden und Vergehen ist wie im Leben so auch im heimatlichen Walde. Eine gesunde Forstwirtschaft möge in unserem Erzgebirge für den Bestand des Waldes sorgen, der Gottlob noch heute die Hälfte unseres Erzgebirges bedeckt. Der grüne Forst ist unserer Berge Zierde und wir sind mit Recht stolz auf den Waldreichtum unserer schönen Heimat. – Möge es immer so bleiben: Es grüne die Tanne, es wachse das Erz – Gott schenke uns allen ein fröhliches Herz!

S.

Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 43 – Sonntag, den 6. November 1927, S. 1