Uralte Verkehrswege im Erzgebirge.

Die ersten Pfadmacher in den unwirtlichen, waldigen Schluchten und Bergen unseres Gebirges sind jene großen Säugetiere gewesen, welche in alter Zeit zahlreich unsere Gegenden durchstreiften. Die ersten, die Wege herstellten, sind slavische Ansiedler gewesen. Es entstanden eine Reihe von Burgen und Grenzfestungen, welche teils zum Schutz der Straßen dienten, teils aber wohl auch allerlei Raubgesindel Unterschlupf gewährten. So hören wir schon aus dem Jahre 968 von der Burg Schellenberg, weiter von Rauenstein, Nieder- und Oberlauterstein, Purschenstein, Sayda, Scharfenstein, Wolkenstein, Tannenberg, Stein, Hartenstein, Schlettau, Schwarzenberg. Ums Jahr 923 wird bereits die Burg Wildeck erwähnt, von deren Vorhandensein heute noch der Berchfrit, der einen wesentlichen Bestandteil des Schlosses in Zschopau bildet, Zeugnis ablegt. Ebenso soll bei Rittersgrün und Rübenau eine Burg gestanden haben. Rauenstein wird zuerst urkundlich 1289 erwähnt, Niederlauterstein 1315, während Sayda und Purschenstein im Jahre 1240 aus böhmischem in sächsischen Besitz kamen und Scharfenstein, Wolkenstein und Schlettau im 12. Jahrhundert entstanden sein dürften. Von der Burg Tannenberg, von der nur noch der bekannte alte viereckige Turm übrig geblieben ist, wird in zeitgenössischen Quellen nicht erwähnt. Alle diese Burgen lagen in der Nähe der großen Straßen, welche am Gebirge entlang oder über dasselbe führten. Da ist zunächst die alte Frankenstraße, welche vom Vogtlande durch das niedere Erzgebirge nach Osten ging und von Plauen aus Reichenbach, Zwickau, Lichtenstein, Chemnitz, Flöha und Freiberg berührte. Hier teilte sich die Straße, indem die obere über Wisldruff, die untere über Bobritzsch nach Dresden führte. Parallel zu ihr hatte schon frühzeitig eine große Handelsstraße im Egertale Bedeutung, welche von Eger über Falkenberg, Karlsbad, Kaden, Komotau, Brüx nach Aussig lief. In die ersterwähnte Frankenstraße mündeten von Norden mehrere Straßenzüge ein. So kreuzten dieselbe in Plauen und Zwickau Straßen von Leipzig, welch letztere sich über Kloster Grünhain, das ja früh schon mit Zwickau in enger Verbindung stand, Elterlein, Schlettau nach Böhmen zog. Eine dritte Straße von Leipzig fand in Chemnitz Anschluß an die Frankenstraße, welche von hier aus nach dem Egertale weiterführte. Ob diese Straße Karl der Große bei seinem Zug nach Böhmen im Jahre 805 und Heinrich II. im Jahre 1004 benutzte, ist nicht genau festzustellen, aber nicht ausgeschlossen. Die Straße ist in ihrem Vorhandensein bis Zschopau urkundlich festgestellt, wie sie weiter verlief, ist nicht genau bekannt. Andere Straßen führten von Zöblitz über Rübenau nach Görkau, von Marienberg über Reitzenhain, Bastelberg (Sebastiansberg) nach Komotau, von Zschopau über Mildenau, Jöhstadt nach Preßnitz. Auch Kühberg war schon frühzeitig ein wichtiger Straßenpunkt. Alle diese Straßen dienten nicht nur friedlichen Zwecken, oft sind Kriegsheere auf ihnen hingezogen und haben sich plündernd in die nächsten Marken ergossen. Ferner wird Wolkenstein als an einer Straße nach Preßnitz liegend erwähnt, welche vielleicht von Wolkenstein nach Chemnitz über Erfenschlag ging. Christian Lehmann gedenkt auch eines Weges nach Satzung. Von der Frankenstraße zweigte in Oederan die sogenannte alte Salzstraße nach Süden ab, welche Freiberg und Sayda berührte und in Brüx Anschluß an die nordböhmische Handelsstraße fand. Sayda war schon 1210 eine Zoll- und Gerichtsstätte und das nahe gelegene Schloß Purschenstein findet schon 1213 Erwähnung. Eine andere Straße ging schon in alter Zeit von Freiberg über Frauenstein nach Teplitz. Freilich waren dies alles nicht Straßen im heutigen Sinne, sie folgten meist weder den Höhenzügen, noch den Tälern, sondern gingen bergauf, bergab, wie gerade das Gebiet es ergab. Infolgedessen waren die Wege sehr beschwerlich. So blieb es bis in das 15. Jahrhundert.

Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 3 – Sonntag, den 16. Januar 1927, S. 2