Klage eines alten Erzgebirgers.

Aus der Schatzkammer des heimgegangenen Stadtrat Gustav Slesina; dargebracht seinem verstorbenen ehemaligen Klassenfreund Albin Fiedler, Riesenburg Wiesa.

D’r Kopp, dar sieht ganz guttegar graah,
De Aang, die könne net viel saah
M’r ward vergaßlich, merkt nischt meh,
D’r ganze Rumpes [1] tut enn weh.

’s Gehär läßt nooch; ward wos geredt,
V’rschtieht m’sch falsch un aah gar nett.
De Luderschgungd soogt gar d’rzu:
„I, wos se härn wolln, härn se schuh!“

Nu ward gar noch d’r Od’n klemm,
Im Bloosbalg [2] is e gruß‘ Gestemm,
Un mächt m’r gar e Bargel steing,
Do haaßt’s geleich: Ne Schwaaß ohtreing.

Un kriecht m’r ohmds nei in sei Bett,
Do gieht’s ah mit’n Schlof’n net;
M’r wälzt do stundenlang sich rim,
Zuletzt gieht alles immedim.

Hot m’r a Natzerle [3] gemacht,
Do is m’r wieder schnell d’rwacht;
M’r legt ball krumm sich, ball gerood,
Bis en d’r Krampf zieht in d’r Wood.

In alten Toong is nimmer schie,
De Baa, die wolln ball net meh gieh,
De Füß‘ sei guttegar eiskalt,
M’r spürt’s fei, daß m’r ward racht alt.

Un wenn m’rsch ’s Beste ass’n tut,
Es schmeckt geng sist när halb su gut;
De Zäh fahln, uhgekaut muß noh,
D’rnochert wärgt’s ne Mong ball oh.

Sist hot en gut de Pfeif‘ geschmeckt,
Die wur racht flessig eigesteckt;
Doch itze: Aus is mit’n Raang!
M’r sieht, m’r tut zu nischt meh taang.

Su gieht dos Ding in aane fort,
Ball zuckt’s en do, ball krampft’s en dort,
Ball rachts in Arm, ball in den Knie,
Kännt’s fei gelahm: ’s is nimmer schieh.

[1] Rumpes = Leib

[2] „Bloosbalg” = Ausdruck für Lunge

[3] Natzerle = Schläfchen

Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 27 – Sonntag, den 4. Juli 1926, S. 3