Erinnerungen an Satzung in früherer Zeit (2)

von Wilhelm Günther.

(Fortsetzung und Schluß.)

Wie’s finster war, do hobn mr ’s Bamel, n Barkma, n Engel und n Lechter agebrannt. Do wur ne Halling in der Stub, daß mr konnt im äußersten Winkel en Pfeng finden, und da ale Arnstkarte, die uf der Hütsch hinern Ufen soß und fast gar nischt mehr uf ihre oln To sahe konnt, mant, se spüret’s a, daß’s haller in der Stub wär. ’s Gustel rasselte mitn Löffeln und mit de Töp; im Ufen hot’s gesprudelt und gebrotzelt, und aus der grußen Pfann mit Schweinebroten un Laberwärscht sprang’s Fett aus der Röhr raus, daß mer sichs Gesicht und de Finger verbrinne konnt. „Gieh, Christel, deck auf“, saht der Sigemund zu seiner Fra, und dernochert ging die in die Komod, nahm vom viring Gahr ’s neigewaschene Tischtuch un bratet’s übern ganzen Tisch wak, daß der Wind drübn uf’n Fanster geleich a paar Lichteln auslöschet. ’s Gustel hot’s Assen aufgetrae, und wie a paar Weihrichkerzeln agezunden warn und ’s Viech im Stohl a versorgt war, setzet mr sich an Tisch. Der Sigemund hot gebot, die anern sahten’s sachte noch bis ufs letzte Wort „Amen, in Gottes Namen“. Von jeden wur gassen, und wie hot’s geschmeckt. Dernochert stieg de Christ ufs Kanapee, langt nauf uf’n Gelosschrank und hulet e klas Packel runer; sie wickelts auf; ene Tobakpfeif mit en grußen, bravn, hölzern Kup‘, auf dann ä Hersch eigeschnitzt war, war drinne, und die gob se ihrn Sigemund zum heiling Christ; weil er ihr aus Zöbelz sechs Rauchemadblach und ene neie Kaffeemühl mietgebracht hat. Der größte Spaß kam dann; denn für uns Gunge hat de Stambichermachrist n Rupperich bestellt, un dar sellt gegen 7 komme. Iech waß noch wie heit; als es im Haus ofing zu klengeln, hat’n wir uns de Reih noch am Ufen und an der Ufenbank aufgestellt und paßten auf, wie de Tür aufging. Do stieg der Rupperich rei, eigemummt von ubn bis unten in en umgewendten Zippelpelz. De Füß, de Ba und der Bauch warn mit Struh imwickelt, ene gruße Wintermütz hat er über de Ohrn reigezugn, daß mr net emol de Nos erkenne kunnt, viel wenger de Ang. Im Hals hat er vom Pfennigaugust senn Schimmel ’s Schallngeleit hänge, und uf’n Buckel trug er en grußen Sok mit Aeppel, Nüß und Pfafferkochen. Nu nahm er uns ober a, du meine Güte, mr hätt gleich vor Schrack mögn in da Ard neisinken. War net baten konnt, dan hot er racht mit der Gert durchgewichst, un war seine Sach su halbnwak machet, dan hot er aus sen Sok wos gabn. Un wie er uns noch e Mannelbuch hiegelegt hat, in dos mr uns mit’n Asah taln sollten, drücket’r die Tür auf und ging wieder fort.

Der Paul saht nochert zu mir. „Komm, wir wolln e mol nüber zum Schustergustavel und de Sachen besahe, dos hot ober wos Schies uf’n Fanster aufgestellt.“ „Seid ner net e su lang außen“, saht meine Mutter, und nu gings von derham fort nüber ins Dorf in Schustergustavel seine Stub. Do warn e Haufen Gunge und Mad. ’s Gettel, seine Fra, bracht en büchene Spah und brannte die Lichteln uf der Peremet a; die Flügeln setzten sich in Beweging, und de Reitschul ging lus. De Gunge stelleten sich drimrim und spannten wie de Katz uf de Maus, als uf’n unern Bratel de Engelschar labandig wur und afing zu tanzen. Uf dann mittlern Bratel gab’s Reiterle und uf den öbern allerlahand Viech. De Mad standen wieder drübn am Fanster und hobn de schiene gruße Pupp bewunert; die war e su gruß, wie e klas zwagahrigs Madel, trug e rusenruts Klad und hat e langs gelockts Haar. Se stand ine Gestell; ubn warn, wie bei der Peremet, Flügeln, und wenn de Lichteln abgebrannt wurn, fing se a zu giehe und hot getanzt. In dr Eck war a Bargwark aufgestellt und in der annern de Christi Geburt. Na mr wußt werklich net, wu mr e su hiesahe sollt, und wenn’s Gustavel net gesaht hätt, „ihr Gunge gieht e ham“, iech gelab, wir säßen heut noch dort.

Wie wir a ham kame, hot de Christ de Mettenlechter zuracht gemacht und die aus Mariebark mietgebrachten geblümelten Lichter draufgesteckt. Im Zahne gings ze Bett. Der Wind pfiff und hot zum Dach reigeheilt, und uner der Kamer hot de Schwarztschack noch emol gebrummt, als wollt‘ se gute Nacht sahe, dann sei mr eigeschlofen. Frühzeitig wurd Labn im Haus. De Arnstkarte hot geweckt. Fix gings aus’n Bett raus und hobn uns agezugn. Jeds hat sen Lechter genomme, und nu gings fort beim Hanelwilhelm und beim Kegelschub verbei in de Metten. ’s Licht konnt niemand agebrannt in de Kerch mit neibränge, weil der Wind e su ging. Aber nu in der Kerch dos Labn. Männer, Weiber, Kinner, a ganz klane, die se uf’n Arm trahn mußten, warn mit do und hot’n in ihrn Handel e kles Licht. In den Stühln war e Gedräng und e Gewärg, daß ka Aeppel zur Ard konnt, und uf der Purkerch und n Richterchur stoken wuhl der Reih noch hunnert Lichter. Ueberol höret mr, „heit wird’s schie“; der Meier Paul, ’s Güntherrudolfel und der Hansaternalbin singe de Weissaging. Noch ener Weile fing der Kanter a de Orgel ze spieln, und wie aus einer Kahl sange 500-600 Mann, wos ner e su de Stimm tregt. Noch der Predigt kame die 3 Singgunge als Engel ageputzt aus der Sakristei raus. Agetan mit en lange weißen Hem‘ und aner Kru ufn Kup, troten se hie ans Altar und hobn mit 3 weißen Maden de Weissaging und de stille Nacht gesunge, daß mr orndlich warm ums Harz wurd. Noch n Metten ging mer a ham, hobn Kaffee getrunken und tüchtig Kuchen und Stolln eigebrockt. Dar alle Sigemund saht dernochert, wie iech su e Gung war, wir hobn erst schie gesunge, dos is itze gar nischt dergegen“.

Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 3 – Sonntag, den 16. Januar 1927, S. 3