Die Verbreitung des obererzgebirgischen Bergbaues.

1. In seiner Blütezeit.

Erwiesenermaßen ist der Freiberger Bergbau der älteste unseres Landes, und zwar fällt die Entdeckung der Freiberger Erzgänge in die Zeit zwischen 1162 und 1170. Die Sage von dem Goslarer Fuhrmann weist auf Bergleute aus dem Harze hin, von wo auch eine Einwanderung bergbaukundiger Sachsen in unser Erzgebirge in den Jahren 1167 und 1181 im Zusammenhang mit den Kämpfen zwischen Heinrich dem Löwen und den niedersächsischen Fürsten und Städten erfolgte. Um diese Zeit regierte Otto der Reiche in Sachsen. Die beginnende Ausbreitung des Bergbaues tritt im ganzen in Wechselbeziehung zu der fortschreitenden Besiedelung unserer Gegend, das heißt, entweder begann man da, wo deutsche Niederlassungen auf dem Waldgebirge entstanden, nach Erz zu graben, oder der Erzsucher schweifte mit seiner Wünschelrute durch die Bergwildnis, und da, wo er Erzgänge erschloß, entstanden neue Niederlassungen.

Im 13. Jahrhundert finden wir die Herren von Waldenburg bereits im Besitze von Silberbergwerken zu Wolkenstein und von Zinn- und Silbergruben auf dem Sauberge bei Ehrenfriedersdorf. Mit dem Tode Heinrichs des Erlauchten, 1288, schließt die erste Glanzzeit des Freiberger Bergbaues. Dazu kommt die Zeit, in welcher die Menschen in den Schoß der Erde eindringen müssen. Der beschwerliche Schacht- und Stollenbau ward nun erforderlich. Aus den Jahren 1335 und 1339 stammen dann die ersten Nachrichten über den Bergbau in dem unter die Burggrafen von Meißen gehörigen Gerichte Frauenstein, sowie in dem zur Grafschaft Hartenstein gehörigen Gebiete des Klosters Grünhain.

Im 15. Jahrhunderte kam neues Leben in den Bergbaubetrieb durch das Fündigwerden der mächtigen Erzgänge auf dem Schneeberg. Damit begann die zweite Blütezeit des erzgebirgischen Bergbaues. 1606 wurde eine neue Bergordnung von dem Landesherren erlassen.

Im Gebiete der Herren von Waldenburg fand ein lebhafter Bergbaubetrieb um das Jahr 1407 bei Wolkenstein, Ehrenfriedersdorf, Thum, Geyer und Zschopau statt. Als 1470 bei Schneeberg das Hauptsilberlager erschlossen wurde, da verließ der Bauer Acker und Pflug, der Handwerker Werkstatt und Heimatsort; alles strömte hinauf nach dem Schneeberg, um dort das erträumte Glück zu erjagen. Einzelnen gelang es; Hunderte kehrten als Bettler, getäuscht und verspottet, nach Hause zurück. Am Schneeberg sanken die uralten Fichten- und Eichen-, Buchen- und Ahornwälder unter der Köhleraxt dahin; sie alle verschwanden in den gierigen Schloten zahlloser Schmelzhütten. Am Anfange des nächsten Jahrzehntes begann ein Herr von Schönburg-Glauchau in Beierfeld bei Schwarzenberg nach Silber zu graben und den schon früher betriebenen Bergbau am Galgenberge bei Elterlein fortzusetzen. Im Jahre 1484 sehen wir weiter ein Bergwerk, die „Mönchsgrube“ bei Wüstenschletta, später Marienberg, in Betrieb, während ein Jahr später eine ältere, am Eisenberg bei Geyer gelegene Fundgrube wieder aufgetan wird. Schließlich werden in derselben Zeit noch die Orte Breitenbrunn, Ober- und Niederjugel in Urkunden erwähnt. Nicht minder zahlreich sind endlich aber die Zeugnisse von einem lebhaften Bergbaubetriebe zu Ehrenfriedersdorf, Wolkenstein, Grünhain u. a.

Aber alle die genannten Bergwerke erlangten nicht die Bedeutung, wie der gleichfalls inzwischen erschlossene Annaberger Bergbau. Am Pöhlberge ist schon 1442 auf St. Briccius Silber gefunden worden. Die erste sichere Nachricht stammt aus dem Jahr 1483. Der eigentliche Annaberger Bergbau aber knüpft sich ja an den Schreckenberg. Erst vom 31. Juli 1492 hat sich eine Urkunde erhalten, in der den Gewerken am Schreckenberge eine Münzfreiheit auf 6 Jahre gewährt wird. Die entstehende Ansiedelung erhielt unterm 28. Oktober 1497 Stadt- und Bergrecht und am 22. März 1501 den Namen St. Annaberg. Es entstanden alsbald zahlreiche Zechen; allein in den Jahren 1496 – 1499 waren es 51; in der Zeit von 1496 – 1530 sind nicht weniger als 380 Zechen in Betrieb gewesen. Neben dem Schreckenberge werden aber auch schon 1497 Bergwerke zu Buchholz genannt.

Der Eisenbergbau blühte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, namentlich im Gebiete des Klosters Grünhain, sodaß sich der Abt dieses Klosters einen eigenen Bergmeister hielt und zu Elterlein und Waschleite seine Eisenhämmer besaß. Schließlich mag zum 15. Jahrhundert auch noch des beginnenden Kohlenbaues gedacht werden, insofern, als das schon genannte Kloster Grünhain um die Mitte dieses Jahrhunderts im Gemeindewald zu Bockwa bei Zwickau ein Kohlenbergwerk besaß, von dem es den Kohlenzehnten erhob.

Das darauffolgende, das 16. Jahrhundert, war der Entwickelung des erzgebirgischen Bergbaues im allgemeinen günstig, indem die Landesfürsten, wie Herzog Georg der Bärtige, Heinrich der Fromme und Moritz in den zuständigen Gebieten, nachmals aber Kurfürst August I., der große Volkswirt des 16. Jahrhunderts, im ganzen Lande dem Bergbau eine vorzügliche Pflege angedeihen ließen. 1515 wird das Bergstädtchen Brand gegründet, 1517 Gottesgab, Eibenstock, Jöhstadt, 1521 Marienberg; gleichzeitig wird Schlettau zur Bergstadt erhoben. 1522 ist Scheibenberg gegründet, 1526 Wiesenthal, 1532 Platten. 1534 werden wir durch eine landesherrliche Bergordnung mit dem Bergbau zu Schwarzenberg, Gottesgab und dem Zinnbau zu Platten bekannt gemacht; während in den Jahren 1515 – 1537 nach einem Annaberger Silberbuche zu Annaberg 86, Marienberg 17, Elterlein 4, Wiesenthal 2 und zu Scheibenberg 8 Zechen in Erzlieferung waren. Gleichzeitig deutet eine Urkunde vom Jahre 1538 auf den auch zu Olbernhau betriebenen Bergbau. In den 50er-Jahren finden sich dann Zechen zu Lauterstein, zu Drebach, zu Scharfenstein und 1556 der Zinnbau zu Eibenstock erwähnt. 1578 erfahren wir etwas vom Bergbau zu Wildenau, Dörfel und Jugel. Seit 1573 wird dann die Stahlfabrikation erwähnt, und 1561 schon begegnen wir zahlreichen Eisen- und Blechhämmern, namentlich in der Schwarzenberger und Eibenstocker Gegend. Seit 1561 finden wir die Torfstecherei im oberen Erzgebirge erwähnt. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurden die Marmorbrüche bei Crottendorf, 1583 die Serpentinsteinbrüche zu Zöblitz begonnen. Auch hatte man im Jahre 1577 noch den Versuch gemacht, zu Wolkenstein ein Salzwerk anzulegen, ohne damit jedoch einen Erfolg zu erzielen.

Im nächsten Jahrhunderte vernichtete der Dreißigjährige Krieg den Bergbau im Obererzgebirge fast ganz.

2. In späteren Jahrhunderten.

Anfang des 19. Jahrhunderts zählte man auf dem Erzgebirge etwa 700 Gruben mit gegen 12 000 Bergleuten, während 50 000 Menschen vom Bergbau lebten.

Der Erzgebirgische Bergstaat bestand 1815 aus dem Oberbergamt und Oberhüttenamt zu Freiberg.

Unter dem Oberbergamt standen die beiden Oberzehnter- und Austeilerämter in Freiberg und im Obergebirge, die Bergakademie und die Bergämter Altenberg mit Berggießhübel und Glashütte, Annaberg, Freiberg, Geyer mit Ehrenfriedersdorf, Johanngeorgenstadt mit Schwarzenberg und Eibenstock, Marienberg, Scheibenberg mit Oberwiesenthal und Hohenstein, Neugeysing, Bärenstein, Seiffen.

Unter dem Oberhüttenamte standen alle Schmelzhütten und das Halsbrücker Amalgamirwerk. Dagegen waren die Saigerhütte Grünthal, das doppelte Blaufarbenwerk in Oberschlema, die Blaufarben-Kommunfaktorei in Schneeberg, das Pfannenstieler, Zschopautaler und Schindlersche Blaufarbenwerk unmittelbar unter dem Geheimen Finanz-Kollegium.

Unter der Verwaltung des Oberberghauptmanns Freiherr von Herder, 1821 Berghauptmann, 1826 Oberberghauptmann, entwickelte sich auf Grund der alten Verfassung und eines edlen Standesgeistes ein außerordentlich reges bergmännisches Leben. Neue Maschinen wurden in Anwendung gebracht, das Schmelzwesen bedeutend verbessert, besonders seit der Einführung des Koaks im Hüttenwesen 1820, und das Ausbringen bedeutend erhöht, wenn es auch noch nicht den Umfang der neuesten Zeit erreichte.

Im Freiberger Revier baute man auf Silber und Blei, im Altenberger auf Zinn und Eisen, im Glashütter auf Silber und Vitriol, schwefelsaure Metallsalze, im Marienberger auf Silber, etwas Arsenik und Zinn, in Geyer und Ehrenfriedersdorf auf Zinn, Vitriol und Arsenik, in Annaberg auf Silber und Kobalt, im Scheibenberger Revier, welches jedoch in dieser Zeit schon einging, auf Silber, Kobalt, Eisen, Arsenik, im Johanngeorgenstädter auf Silber, Eisen, Zinn, Vitriol, Schwefel, und im Schneeberger auf Silber, Kobalt, Wismut, Eisen, Vitriol, Schwefel und Arsenik.

Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 38 – Sonntag, den 2. Oktober 1927, S. 2