Bilder von einer Wanderfahrt durch das Erzgebirge vor 80 Jahren (3)

(Fortsetzung unserer Artikel in Nr. 40 und 41 der „Erzgebirgischen Heimatblätter“.)

Eisenwerk Rittersgrün.

Wenn wir von Wittigsthal aus einen Weg nach den Quellen des Schwarzwassers, dicht an der böhmischen Grenze, hinaufwandeln, so befinden wir uns in einer rauhen, eben nicht anmuthigen Gegend, die uns aber bald dies-, bald jenseits der Grenze manches Interessante darbietet.

Das Schwarzwasser, welches durch Moor- und Torfboden seinen Lauf nimmt, führt ein gelbes conventartiges Wasser, was selbst für die Wässerung nicht so tauglich ist, als da, wo es in die tieferen Gebirgswannen hinabgestiegen ist. Dessenungeachtet verlassen wir die Gegend noch nicht, bis wir den böhmischen Spitzberg bei den Försterhäusern erklettert und von da aus die fernen Gegenden nach Karlsbad hin betrachtet, auch theilweise die Grenzörtchen Börnichen und Abertham (Aberdam) betrachtet haben. Der bewaldete und aus Basalt bestehende Spitzberg hat die Form eines riesenhaften Heuschobers und wird daran, weit nach Sachsen hinein, erkannt.

Dann gehen wir den Mückenbach, der die Grenze bildet, hinunter und gelangen bald nach den obersten Häusern von

Rittersgrün

wo das Kaffgebirge und der Taubenfels, von Osten her wie ein Keil nach dem Thale eingetrieben ist, um Räumlichkeiten für die Einwohnerschaft zu erzwingen. Der nur erwähnte Mückenbach, der Kaff-, Zwei- und Kunertsbach treten hier zusammen und bilden mit ihrem krystallhellen Gewässer die Pöhla (Biela), welche dem Thal entlang wunderliebliche Wiesen bewässert und die Füße des Haueisens, des Ochsenkopfs, des Klötzerwaldes rechts, so wie der hintern und vordern Kehlung, des Forstwaldes und des Härtenberges links, benetzt. Dieses gegenwärtig eine volle Stunde lange Dorf gehört nicht unter die jüngern Ansiedelungen des Obergebirges, denn am 20. Juli 1584 erhielt Nicolaus Klinger zu Elterlein Concession zu Anlegung eines Hammerwerks in Oberrittersgrün, so wie der Obristwachtmeister Hannibal von Schmerzinger die Erbgerichte über sein Hammerwerk, Arnold Rothenhammer und die von ihm erbauten 17 Häuser den 13. März 1670, um für sein bHammerwerk die Berg- und Hüttenleute unterzubringen, von welchen Erstere den Lagereisenstein des nachbarlichen Rothenberges und des sogenannten Glimmer ausbeuteten.

Der Hammerberg und der Gänsegrund sonnet gegenwärtig an seinem mittägigen Gehänge eine ansehnliche Zahl ordnungslos hingewürfelter Häuser, welche in der Mehrzahl Hütten- und Waldarbeiter bewohnen.

Der Ort fand von jeher viel Nahrung im Handel und Vertriebe der Hölzer aus böhmischer Waldung, und wer die Bestechlichkeit der dortigen Forstdienerschaft zu benutzen und zu erhalten verstand, konnte es zur Wohlhabenheit bringen und selbst in dieser Lage mit dem Walddominialamt in Joachimsthal in ersprießlichem Einverständnisse leben. Jetzt ist dieser Holzverschleiß nicht mehr so lebhaft, weil in dieser Richtung hin die Waldungen niedergetrieben und gelichtet sind, deshalb aber leidet Rittersgrün ziemlich an geregelter Arbeitsgelegenheit.

Einer zahlreichen Familie mit ihren Abkömmlingen muß ich noch gedenken, die sich ebenfalls, wie in Abertham und in Börnichen, mit dem Unterricht der Gimpel beschäftigen und deshalb unter dem Namen: „Gimpel-Poller“ bekannt sind. Ein Stamm davon hauset in dem sogenannten Ehrenzipfel, welcher am obern Ende von Rittersgrün einem Anbaue gleicht, welchen man an das Hauptgebäude anflickt, um etwa Auszügler hinein zu stecken.

(Fortsetzung folgt.)

Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 42 – Sonntag, den 17. Oktober 1926, S. 1