Am Sagenborn der erzgebirgischen Heimat.

Das wütende Heer bei Annaberg.

(Christ. Lehmann, Histor. Schauplatz etc. S. 77.)

Insonderheit hatte der höllische Jäger vor und in dem 30jährigen Kriege auf den hohen Wäldern sein Affenspiel, indem es, vornehmlich, wenn etwa eine feindliche Armee einbrechen sollte, wie ein starkes Jägergeschrei „Hu! hu! hu!“ erschallte. Man hieß es insgemein das wütende Heer, und war ein böser Vorbote. Anno 1626 ritt Junker Rudolf von Schmertzing, Erbsaß auf dem Hammergute Förstel, halbtrunken von Annaberg ganz allein, und vermeinte den geraden Weg über Schlettau auf die Scheibenbergischen Mühlen durch die Unterscheibner Räume zu nehmen. Es verführte ihn aber ein Jagd mit Jägergeschrei und Hundegebell, welchem er nachritt, und fiel mit seinem Pferde in einen Morast, darin das Pferd halbversunken stecken blieb. Er arbeitete sich endlich heraus, lief nach den benachbarten Vorwerken, kleidete sich um und ließ Leute auftreiben, welche das Pferd mit Stangen und Seilen aus dem Morast zogen.

Einst reiste auch ein alter Priester von Wiesenthal sehr frühe durch den Wald nach Annaberg. Da erhob sich mitten im Wald ein ungemeines Jägergetöne, um welche Zeit doch kein Arbeiter und Jäger im Walde zu finden war. Sein Fuhrmann besann sich bald darauf und sagte: „Herr, es ist das wütende Heer; wir wollen in Gottes Namen fahren, es kann uns nichts schaden.“

Der wilde Jäger zwischen Stangengrün und Hirschfeld.

(I. Gräße, Sagenschatz d. K. Sachsen, Nr. 499. II. Mündlich.)

1. Eines Tages sind zwei Brüder, Spitzenhändler, auf der Straße von Stangengrün nach Hirschfeld geritten, da haben sie plötzlich am hellerlichten Tage auf freiem Felde das laute Hohoschreien des wilden Jägers gehört, aber ihn selbst nicht gesehen; nur unter ihren Pferden, die sich furchtbar gebäumt, sind eine Menge kleiner Dachshunde herumgelaufen, ohne daß sie jedoch einen derselben hätten von den Pferden treten sähen, und plötzlich ist alles wieder verschwunden gewesen.

2. Zwischen Hirschfeld und Stangengrün liegt der Teufelswald. In demselben hat man mehrmals die wilde Jagd gesehen und gehört. Dies widerfuhr unter anderen einen Tischler, welcher einst des Nachts um 12 Uhr mit einem Karren durch den Wald fuhr. Da hörte er Pfeifen und Gebell, und darauf sah er auch den wilden Jäger als schwarze Gestalt zu Fuße an sich vorübergehen; derselbe führte zwei Hunde bei sich.

Die wilde Jagd bei Komotau.

(Grohmann, Aberglauben und Gebräuche aus Böhmen und Mähren. I. Bd. 1864. S. 5.)

Eine alte Frau aus Komotau erzählte: Geht man an Adam und Eva früh zur heiligen Beichte und Kommunion und fastet dann den ganzen Tag, selbst abends, und geht dann um Mitternacht auf einen Kreuzweg, so sieht man die wilde Jagd vorüberziehen, und der letzte aus derselben gibt einem einen Taler, der, so oft man ihn auch wechselt, immer wieder zurückkehrt.

Der wilde Jäger bei Karlsfeld.

(Mitgeteilt von Lehrer Thuß in Tellerhäuser.)

Bei Karlsfeld ist der wilde Jäger mit seinem Heere öfters gesehen und hehört worden. Sein Gefolge besteht aus den Seelen von Jägern, die in ihrem Leben Böses getan haben und nicht zur Ruhe kommen können.

Der wilde Jäger bei Schönlinde.

(Grohmann, Sagenbuch von Böhmen und Mähren, I. S. 78.)

Auch bei Schönlinde läßt sich zuweilen der wilde Jäger sehen; man nennt ihn dort Banditterch (Berndietrich). Er soll daselbst in den Schweinsgründen und in Budersdorf mit hölzernen Hunden herumjagen.

Der wilde Jäger bei Neustadt.

(Köhler, Volksbrauch etc. im Vogtlande, S. 509.)

Noch im vorigen Jahrhundert hatte der wilde Jäger sein Revier in der Gegend von Neustadt bei Falkenstein. Da zog er des Nachts in der Luft mit seinen Hunden oft über Neustadt hinweg und ließ sein „Hoho!“ hören. Einmal sah ein dortiger Bauer zum Fenster hinaus, als der wilde Jäger in der Luft hinzog, und er äffte das „Hoho!“ nach. Am nächsten Morgen fand der Bauer auf seinem Fensterstocke draußen einen toten, übelrichenden Hasen. Er verscharrte ihn in seinem Düngerhaufen, aber am nächsten Morgen lag er doch wiederb auf demselben Fensterstocke. er verscharrte ihn zum zweiten und dritten Male, aber der Hase lag am nächsten Morgen immer wieder auf demselben Platze. Auf den Rat anderer Leute vergrub ihn der Bauer endlich unter gewissen Förmlichkeiten auf einem Kreuzwege, und der ihm vom wilden Jäger zugedachte Braten kam nimmer wieder.

Der graue Jäger auf dem Tossen.

(Mitgeteilt von Lehrer R. Bachmann aus Markneukirchen.)

Auf dem Tossen, einem kahlen Landrücken bei Schönbach in Böhmen, jagt allnächtlich der graue Jäger mit seinem Hunde. Als einst eine Frau aus der sogenannten Hetaschen von Markneukirchen aus heimkehrte, gesellte sich zu ihr der graue Jäger und begleitete sie bis nach Hause. Die Frau erzählte dies ihrem Manne. Am andern Morgen lag ein Stück Hirschfleisch auf dem äußeren Fensterbrette. Der Mann stieß es hinab, und drei Tage darauf war er eine Leiche. Seitdem hat man den grauen Jäger nie wieder gesehen oder jagen gehört.

Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 48 – Sonntag, den 11. Dezember 1927, S. 2