Aberglauben in Buchholz.

Unsere aufgeklärte Zeit mag über Aberglauben lachen soviel sie will. In früheren Zeiten aber lachte man nicht darüber, sondern glaubte steif und fest an Dinge, die wir in das Reich der Fabel und närrischen Einbildung verweisen. Dies zeigt uns folgender Vorfall, der sich im Jahre 1672 auf dem Buchholzer Schießhause zugetragen hatte.

„Als den 15. September“, so erzählt der Chronist, „die Schießladen besichtigt wurden, fand man in derjenigen von Jakob F. ein papiernes Dütlein, in welchem schwarzer Saamen, wie Zwiebelsaamen, vorhanden war.

Da man nun diesen befragte, was er damit thue? hat er geantwortet, daß er solchen brauchte, wenn ihm das Rohr beschrieen wäre; er habe es von einem Manne aus Annaberg, den er auch nannte, gelernt.

Als er nun den ersten Schuß gethan, hat er gefehlt, mit den beiden anderen Schüssen aber getroffen. Hierauf hat er noch bekannt, daß er in den ersten Schuß keinen solchen Saamen gemischt, aber bei den andern zweien hätte er solchen gebraucht.

Da dieses Geständnis vor den Aeltesten, als Christoph Steinmetz, Hans Sühnel und Georg Unger, sowie andern Schützen geschehen war, so wurde hierauf von dem Hauptmann im Beisein der Aeltesten und der ganzen Gesellschaft dem Jakob F. zur Strafe angedeutet, daß er den Boden im Schießhause legen, spinden und ohne Mangel verfertigen lasse, auch des Vortheils verlustig sei und zum Königsschießen für dieses Jahr nicht zugelassen werden sollte. Da er noch vor dem Abschießen (letzten Schießen) seine Strafe mit dem neuen Boden erlegt und erlitten, auch seinen Fehler willig erkannt und abgebeten hat, so ist die Schützengesellschaft bedeutet worden, ihm diese Sache nicht vorzurücken (nachzutragen), zumal da er versprochen hat, sich gegen dieselbe rechtschaffen zu verhalten.

Hierauf ist Jakob F. in den Krieg gekommen und nicht wieder zurückgekehrt.“ Seinen frühen Tod wird man in Buchholz allgemein als gerechte Vergeltung für seinen Frevel empfunden haben. Daß er sich mit dem Teufel eingelassen hatte, war den Buchholzern ganz klar. Und daß der Teufel als Lohn für seine Hilfe sich die Seele des Schützenbruders geholt hatte, stand ihnen nicht minder außer Zweifel.

Vielleicht versuchen es die Schützenbrüder heute auch mit einem solchen Teufelssamen! Wenn ich aber nur wüßte, wie ich es anfangen soll, um in seinen Besitz zu gelangen?, wird so mancher Schütze fragen. Dann mag er um Mitternacht an einen recht schaurigen Ort gehen, geheimnisvolle Kreise ziehen und den Teufel beschwören. Das genaue Rezept findet er in der bekannten Oper „Freischütz“. Vielleicht hat er Glück damit. Vielleicht holt er sich dabei aber auch nur einen tüchtigen – Schnupfen.

Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 24 – Sonntag, den 13. Juni 1926, S. 3