Wie sich in Sehma einst Silbergruben auftaten (2)

Von Oberschulrat i. R. L. Bartsch.

Gewiß kam es vor, daß, um ein Bergwerk in Gang zu bringen oder, bei zweifelhaften Aussichten auf lohnenden Erfolg, im Gange zu erhalten, Teile, besonders an Träger hoher Namen, unentgeltlich abgegeben wurden, beides aber war hinsichtlich des Silberbergbaues in Sehma 1543 nicht der Fall. „Die Gänge sind schön und von feiner Bergart; sie beweisen sich – bisweilen nahe am Tage – mit Silber. Sie sind am flachen Felde gelegen. Sollte die Not es erfordern, trotzdem Wasserzeuge anzulegen, eindringendes Wasser von den Gruben abzuleiten, so werde sich das ohne großen Aufwand verwirklichen lassen“; fast ganz, wie es 2 Jahre früher durch den Amtsverweser geschehen, hebt der Bergmeister hervor. Und in den ersten Kinderschuhen steckte der Bergbau zu Sehma ja auch nicht mehr! So sieht sich denn Illige Wegener gezwungen mitzuteilen, „daß er an keinem der Enden die Kuxe vmbsonst weis zu bekommen.“ Auf dem „Rebisch-Knechtle“ glaubt er solche noch um 3 fl, auf den „Vier Erzengeln“ um 6 fl erlangen zu können. Wolle von Ponickau hier kaufen, so solle er Anweisung zur Erwerbung nach Buchholz gelangen lassen, je eher, je besser. Gern wolle der Bergmeister seiner Gestrengheit dann zu Gefallen dienen. Man sieht, – Wegener rechnet auf rasches weiteres Steigen der Kuxe, wie die Preise für die Teile im Rebisch-Knechtle von 1 auf 3 fl sich bereits gehoben hatten. 1)

Damit aber schließt des Bergmeisters Antwortschreiben nicht, und wir vernehmen noch etwas, das uns überrascht und unser Empfinden eigenartig berührt. Dem kurfürstlichen Kämmerer werden durch den Buchholzer Bergmeister mehrere Kuxe geschenkt, Kuxe, die Wegener persönlich gehörten! „Damit Euer Gestrengheit Begehren zum Teil Leistung geschehe, so soll Eurer Gestrengheit im Salomon, desgl. Helias jedes Orts 2 Kuxe von mir geschenkt sein, lauts beigelegten Wehrczedels“, lesen wir. (6. Juli 1543). Der Wehrzettel, gewissermaßen die Schenkungsurkunde, datiert vom 3. Juli 1543, zeigt die schöne, regelmäßige Handschrift Barthel Schallers, 2) damaligen Gegenschreibers in Buchholz, und ist von diesem unterschrieben. Laut des Zettels werden dem „Gestrengen und Ehrenvesten Herrn Hansen von Ponickau, Churfürstlicher Gnaden zu Sachsen Kämmerer, zwene Kuxe im Heilas, Fundgrube oder naheste Moses uf der Viererzengel Stolngang in der Seme, und zwene Kuxe im „konig Salomon“, obere 2. dritte Maße darnach“ zu und von Illinge Wegener, Bergmeister, abgeschrieben. (Dienstag nach Visitationis Mariä 1543). Daß man Kuxe als willkommene Geschenke betrachtete und sich bemühte, so willkommenes Geschenk zu erlangen, wenn auf gute Ausbeute zu hoffen war, davon hören wir auch sonst. So lesen wir in einem Schreiben des Naumburger Rates (Ratsarchiv zu Naumburg) v. 23. Nov. 1527, – der Rat, die St. Wenzelskirche und viele Naumburger Bürger waren am erzgebirgischen Silberbergbau beteiligt, in Buchholz wäre gar vielerlei von der Naumburger Zeche zu erzählen, – gerichtet an den Naumburger Schichtmeister Hauenschild in Joachimsthal, es sei auf seinen „tröstlichen“ Bericht hin über zu erhoffende Ausbeute ein Gedränge worden um 7 ledige Kuxe in St. Niclausen, einer Zeche im „hinteren Türkner“ in Joachimstal, also, daß man iddermänniglich einen hie, den anderen da damit verehren“ (d. h. beschenken) sollte. 3) Ging auch der Kämmerer darauf aus, Kuxe als Geschenke zu erhalten, als er an Wegener schrieb, es müßten doch in Sehma solche „vmbsonst“ zu haben sein? Angenommen worden als Geschenke sind die Kuxe. Es war nicht die einzige „Verehrung“, die aus Buchholz dem Kämmerer bez. seiner Familie zufloß.

Was schließlich den Kurfürsten anbelangt, so finden wir ihn als Gewerken am Sehmaer Bergbau nicht beteiligt.

Nach der für ihn so unglücklichen Schlacht bei Mühlberg (1547), die ihn den Kurhut und den größten Teil seines Gebietes kostete, wurden ihm von dem jungen siegreichen Vetter Moritz auch die Bergteile genommen, die Johann Friedrich nebst seiner Gemahlin Sybille, seinem Sohn Johann Friedrich dem Jüngeren und Johann Wilhelm (?) im Erzgebirge baute: 153 im Marienberger, 23 2/3 im Annaberger und 270 im Buchholzer Bergrevier. Die erhaltenen Verzeichnisse der Kuxe zeigen den Kurfürsten, sowie Glieder der kurf. Familie als Inhaber von Bergteilen des Glückes gewärtig zu Königyswalde im „St. Christophstoln“ und „Hülf Gotes Stoln“, zu Hermersdorf (Hermannsdorf) in der Fundgrube „Gottes Gelück“ und deren Maßen, in „3 Brüder-Fundgrube“ und Stoln und zugehörenden Maßen, im „Daniel-Stoln“, im „Churfürst von Sachsen-Stoln“, auch im „AnnabergerStoln“; am Bärenstein bauten sie den St. Jacobsstoln mit; die meisten Kuxe entfielen auf Buchholzer Berggebäude – Kuxe von Sehmaer Bergwerken befanden sich nicht in ihren Händen.-

Ueber die ferneren Schicksale des sehmaer Silberbergbaues geben die uns vorliegenden Akten leider keine Kunde. –

1) War reicher Silbersegen den Gruben beschert, so setzte die Spekulation rasch ein, und die Kuxe stiegen binnen wenigen Wochen, selbst binnen Tagen um das Zehn- und Hundertfache ihres anfänglichen Preises. Einige Beispiele dafür aus der Zeit, da sich Silberquellen in Sehma auftaten! In der „Linde“ bei Freiberg, eine Meile Wegs gelegen an dem Wege, „so man von Freiberg aus nach St. Annaberg gehet“, 2 Kuxe = 90 fl (1540), zu Buchjholz, 4. und 5. Maße nach des Himmlischen Heeres Gegendrum 1 Kuxe = 42 bis 50 fl (1540, Dienstag nach Elisabeth), in Joachimstal obere reichste Maße nach dem Reich Gottes am Dürrenberg 1 Kuxe = 300 fl, doch war dafür keiner zu haben (Dezbr. 1540); ein Steigen auf 600, 700, 800 fl wurde erwartet. Gern würden sie das gelten, wenn das getroffene Erz „ein Wochen oder drei“ bestehen bleibe; anfangs 1541 standen die Kuxe freilich noch auf 300 fl. In Marienberg brachte „ein groß Gerücht“ die Kuxe bei St. Burkhardt rasch zum Steigen auf 120 fl (Ende 1540). Zwischen Ostern und Pfingsten 1541 ließ Joh. Friedrich der Großm. in Himmlisch Heer bei Buchholz 2 Kuxe kaufen, unangesehen, „was sie gestehen würden“; sie waren mit 162 fl zu bezahlen. P. Schmidt meint, das Geld werde nicht vergeblich angelegt sein, es habe „Gott Lob ein tröstliches und sehr gut Aussehen“. In Gottesgab forderte man (1541, Mont. nach Jubilate) in unterer 1. u. 2. Maße nach dem Hofmann = 90 fl für den halben Kux. Teile stiegen sehr. Auf Ulrich Erckelt’s Fundgrube zu Marienberg stiegen im September 1542 die Kuxe in kurzer Zeit auf 200 fl (18 Kuxe baute Erckelt, 19 Herzog Moritz, 8 Pfinzing aus Nereynberg). In Schneeberg galten Anfang Mai 1543 der unt. nächst. Maße nach der Hoffnung die Teile 70 fl; Mitte des Monats wollte man sie unter 80 fl nicht mehr lassen. – U. s. w. – (Nach Paul Schmidt’s Berichten.)

2) Bartolomeus Schaller, geb. zu Ehrenfriedersdorf, Vater des kurf. Leibarztes Isaak Sch., bezog Sommer 1508 die Universität Leipzig.

3) Der Rat verschenkte übrigens keinen der Kuxe, er ließ sie für 4 fl dahin, ohne einen, der Hansen Merikenloer, dem Stadtvogt, als der Gemeinde gediener, um 1 Gulden zu lassen ist.

Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 28 – Sonntag, den 10. Juli 1927, S. 3