Ein Lied von den berühmten Bergwerken des Erzgebirges.

Der bekannte Germanist Johannes Bolte in Berlin veröffentlicht in der Festschrift zum 70. Geburtstag von Professor Eugen Mogk in Leipzig ein wiederaufgefundenes Lied vom Jahre 1545, in welchem der Stolz unsrer Bergleute auf die glänzende Entwicklung des erzgebirgischen Bergbaues deutlich zum Ausdruck kommt. Dieses beinahe 4 Jahrhunderte alte Loblied auf unser Erzgebirge ist als poetische Verherrlichung unserer Heimat und unserer Vorfahren bemerkenswert. Der Strophe nach schließt es sich dem berühmten Landsknechtlied von Pavia an. Die Melodie stammt von dem Wittenberger Buchdrucker und Musiker Georg Rhau (1488 bis 1548) und ist zweistimmig gesetzt. In dem Liede heißt es u. a.:

Ich hab durchwandert stedt und land,
viel ebenteur zu schauen,
Vnd mich an manchen ort gewant,
da viel leut bergwerck bauen,
Bis ich ersah ein schon land art
ertzreich auff allen seiten,
do etwan gar vil sylbers wart
erbaut vor langen zeiten.

Zum Geyer, Thum vnd Erbarsdorff
is gros gut lang zeit funden,
Das weiset mancher alter schorff,
ist noch nicht gar vorschwunden.
Kein mühe noch arbeit wird gespart,
vil neuer pew zutreiben,
ein jederman der zeit erwart,
verhofft, sol fündig bleiben.

Vom Schneberg hat viel mancher man
gros gut vnd gelt erworben,
Wiewol ich doch vernommen han,
jr vil sind gantz verdorben.
Der misbrauch offt gros vrsach ist,
die Bergwergk sich abschneiden,
die weil doch Gott zu keiner frist
hat hoffart wollen leiden.

Ich hab gar manche red gehört
von diesem Berg erschallen,
Wie das noch nie an keinem ort
sey größer ausbeut gefallen
Aus einer Zech daselb geschach,
Sanct Jorgen thet mans nennen,
wie mancher Man mit augen sach,
würd es noch heut bekennen.

Sanct Annenberg gantz tröstlich ist
den Hertzogen zu Sachsen,
erbauet wart in kurtzer frist,
vil holtz war da gewachßen.
Die Stad ist fern vnd weit bekant,
das thun die Bergwergk machen,
vil Volck hat sich dohin gewant,
ausrichten jr Berg sachen.

Viel großer arbeit ist verbracht
jnn dreißig jar vnd tagen;
Wie viel des Sylbers sey gemacht,
weis ich nicht auszusagen.
Das Ertz ist noch nicht gantz erregt,
bricht schon an manchen enden,
der nutz vnd Gewin viel leut bewegt,
mehr vleis darauff zu wenden.

In Buchholz mancher Heuer ist,
thut sich des Bergwergks halten,
Das lest der Kurfürst dieser frist
durch sein Bergvogt verwalten.
Der Scheibenberg viel Sylbers hat
ausbeut darauff gegeben;
das Hoffgesynd jn hofnung steht,
gros Ertz noch zu erleben.

Weil ich die Bergwergk nennen sol
jm Meisner land gelegen,
Marienberg gefelt mir wol,
Gott wolt jr aller pflegen.
Ein weiter Platz wirt er geacht,
neulicher zeit erbauet,
da man teglich viel Sylber macht,
des sich manch Heuer freuet.

Der Wolckenstein is wolgebaut,
mit einem Thor beschlossen,
Da man vorzeiten Sylber fand,
das baut man vnuerdrossen.
Zu Trepach ging ein Bergwergk an,
vil Volcks kam hin gelauffen,
zum Hohnstein auff dem weiten Plan
hat man auch Ertz angtroffen.

Gros hoffnung ist im Wisenthal
ein mechtig Ertz zuhawen;
Wer noch ein zeitlang leben sol,
hat lust Bergwergk zubauen,
Der füg sich hin zu rechter Zeit,
viel leh[e]n anzunemen,
wo jhm dan Gott ein glück vorleit,
des darff er sich nicht schemen.

Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 22 – Sonntag, den 30. Mai 1926, S. 4