Ehrenfriedersdorf im Zeichen der Krippen-Ausstellung vom 17. bis 31. Januar 1937

Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 3 – Sonntag, den 17. Januar 1937, S. 1 – 2.

Auch eine Karl-Stülpner-Ausstellung befindet sich zurzeit in Ehrenfriedersdorf.

Die Tageszeitungen des Erzgebirges berichten in Wort und Bild von der Ehrenfriedersdorfer Krippenausstellung. Da wollen auch wir nicht zurückstehen, die vielen tausend Leser unserer Heimatblätter von nah und fern aufzufordern, die alte Bergstadt an den Greifensteinen aufzusuchen, zu sehen und zu staunen, was alles hier an nachweihnachtlichen Freuden zu finden ist. Von der Krippenausstellung selbst wollen wir im Bilde nicht verraten, welch schöne Schnitzkünste hier zu finden sind. Damit würden wir manche Freude vorwegnehmen und das ist ja nicht der Zweck unserer heutigen Werbung, die wir gern für den Ehrenfriedersdorfer Krippenverein übernehmen wollen. Nach vierjähriger Pause veranstaltet der Ehrenfriedersdorfer Krippenverein diese Ausstellung im Saale des Ratskellers. Weihnachts-, Pyramiden- und Schnitz-Ausstellung – damit ist zunächst einmal gesagt, was der Besucher hier erwarten darf, aber neben den ausgezeichneten Weihnachtsbergen, prachtvollen Pyramiden und Leuchtern und kunstvollen Schnitzereien muß als besondere Sehenswürdigkeit doch vor allem der zirka 50 qm große mechanische Vereinsberg und die naturgetreue Nachbildung des vor kurzer Zeit wieder in Betrieb genommenen Erzbergwerkes auf dem „Sauberg” erwähnt werden. Diese Ausstellung hat sich in bezug auf ihre wertvolle Beschickung durch die Vereinsmitglieder und auf ihre künstlerische Ausgestaltung jedenfalls würdig ihren Vorgängerinnen angeschlossen und somit erneut den Ruf Ehrenfriedersdorfs als Pflegestätte heimischer Volkskunst weit in Sachsens Gaue getragen. —

Ein Ausschnitt der Karl-Stülpner-Ausstellung in Ehrenfriedersdorf.

Nachdem die Weihnachtsglocken verstummt sind und ein neues Jahr seinen Anfang genommen hat, entfaltet sich noch einmal der berauschende Zauber einer seligen Weihenacht und erfüllt Herz und Seele der Beschauer dieser Ausstellung mit Freude und Glück. Da wird es sich keiner nehmen lassen, diesem unserem Ruf Folge zu leisten. Obwohl von dieser Ausstellung vollkommen getrennt und ganz unabhängig davon, möchten wir an dieser Stelle auch darauf aufmerksam machen, daß in Ehrenfriedersdorf jetzt eine Karl-Stülpner-Ausstellung stattfindet. Die Leser unserer Erzgebirgischen Heimatblätter erinnern sich gewiß des reichillustrierten Stülpner-Romanes, den wir veröffentlicht haben und wir freuen uns, heute mitteilen zu können, daß dieser Roman und die mit ihm veröffentlichten Bilder Anregung gegeben haben, ein Schnitzwerk zu schaffen, welches in diesen Tagen in der Zeit vom 9. Januar bis vorläufig 31. Januar im Hotel „Deutscher Kaiser” in Ehrenfriedersdorf ausgestellt ist. Der bekannte Ehrenfriedersdorfer Maler Klumpp hat in mühevoller Arbeit aus dem Leben Karl Stülpners Gruppen gefertigt, wie sie eben in unserem Stülpner-Roman dargestellt und erzählt worden sind. Das Ganze ist zusammengestellt unter einer erzgebirgischen Landschaft mit den Greifensteinen und im Hintergrund mit all den Bergen und Wäldern, in denen der Raubschütz Karl Stülpner gelebt hat. Wir treffen hier all die bekannten Personen wieder, die im Leben Stülpners eine so große Rolle gespielt haben, treffen ihn mit seinen Spießgesellen im Walde, treffen ihn aber auch, wie er friedliche Passanten von Wegelagerern befreit, wie er dem Förster entgegentritt, als er einem armen alten Holzweiblein den Korb zertritt, wir sehen, wie er das Schneiderlein über der Zschopau durch die Luft wirbelt, und dann begegnen wir ihm wieder auf heimlichen Wegen der Liebe mit seiner Marie. Vor allem ist auch die Ehrenfriederdorfer Schützenmühle dargestellt, in der ja Stülpner bei Hillig gewohnt hat. Auch die Szene vom gestörten Hochzeitstanz ist lebenswahr von dem Künstler dargestellt worden. Schließlich finden wir auch all die Bilder aus der Soldatenzeit Stülpners, sehen, wie er unter die Werber fiel, wie er seinen Korporal Stange rettet, treffen ihn dann in Ungarn, als er aus dem Turm steigt und über die Strickleiter seine Freiheit sucht. Auch aus seinem späteren Leben sind Bilder dargestellt, wie er in Sebastiansberg als Gastwirt tätig ist usw. Kurzum, das ganze Leben Karl Stülpners zieht an uns vorüber, wenn wir auch diese Ausstellung mit besuchen und das Werk des Ehrenfriedersdorfer Meisters in seiner schlichten und doch schönen Form betrachten. Wir spüren bei beiden Ausstellungen zugleich den und Erzgebirglern innewohnenden Heimatsinn, unsere Motive zur schlicht-schönen Schnitzerei vor allem eben in der Heimat selbst zu suchen und aus ihrer Geschichte zu schürfen und immer Neues zu gestalten.