Veranlassung zur Gründung von Hammerwerken im oberen Erzgebirge (13 an der Zahl) ist wohl der Fund von Eisenstein gewesen; in Wiesenthal auf dem sogenannten Eisenberg, nordöstlich von Oberwiesenthal; bei Irrgang in der Eisenzeche „Hilfe Gottes“; bei Orbus in der Zeche „Dorothea“; in Erla auf dem „Rothenberg“.
Patrizier-Geschlechter (oft durch Verheiratung in verwandtschaftliche Beziehungen getreten) ergriffen diese Gelegenheit, Hammerwerke im Erzgebirge anzulegen.
Bei den Hammerwerken haben wir unsere Gedanken auch auf die zum Unter-Alt-Wiesenthal befindlichen Werke zu richten, die schon von Jahren her noch gestanden und ihren Besitzern guten Nutzen verschafft haben. Der Chronist besagt nun folgendes: Es sind derselben zwei. Eines, das Ritzische Hammerwerk genannt, liegt über eine gute Viertelstunde von Unterwiesenthal, das andere aber ist der Rote Hammer.
Was das Ritzische Werk betrifft, so ist folgendes bemerkenswert: Wo dieses Hammerwerk steht, müssen ehemals sehr viele andere Häuser gestanden haben. Es sind aber anstatt des hohen Ofens vorher Renn-Feuer gewesen, die auf anderen Stellen als die jetzigen Hämmer gestanden haben und deren Plätze noch zu sehen sind. Wo die Mühle erbaut worden ist, ist ehemals ein Renn-Feuer, wo der Abfall in den Schützenteich geht, eine Mahl-Mühle, wo das untere Kohle-Haus steht, ein Blechhammer, und wo die untere Stabhütte ist, sind das Zinnhaus und das Betz-Gewölbe gewesen. Der Restaurateur dieses Hammerwerkes hat Mönch geheißen und er ist von dem berühmten adeligen Geschlechte dieses Namens gewesen. Er ist in seiner Jugend armutshalber nach Ungarn gegangen, um daselbst Kriegsdienste anzunehmen. Und das Glück war ihm dort hold. Er hat sich bei einem Probst zu Szegedien wohl rekommandiert und zuletzt, bei dessen Ableben eine Erbschaft von Zehntausend Gulden erhalten, worauf er sich wieder nach Sachsen gewandt habe und jenes Hammerwerk kaufte. Seine Eisensteine hat er zuerst am Stimpel (einem nahe gelegenen Waldrevier am Eisenberg) fördern lassen. Hierauf hat ihm Gott einen reichen Segen auf dem Kupferberg-Revier in Böhmen, auf der sogenannten Heide, gegeben, indem er ein sehr reiches Eisenstein-Gebäude eröffnet und soviel Reichtum daher gezogen, daß er davon hat einen steinernes Haus mit so vielen kostbaren Kellern und so vielen Gewölben erbauen und den Bau 1612 aufführen können. Sein adeliges Wappen hat er in Gips gießen und über allen Türen einmauern lassen. Sein Bruder hat zu gleicher Zeit das obere Hammerwerk, den sogenannten Roten Hammer, besessen, ja, beide haben bei der damaligen Unruhe in Böhmen viel erlitten und sind endlich bei ein einer der grassierenden Pest gestorben. Nachdem nun dadurch ihr Vermögen zerstreut worden war, ist das untere Hammerwerk in die Hände der sogenannten Ritzen in Leipzig gekommen, was aber wegen des damaligen dreißigjährigen Krieges gar nicht akut geworden und den Landesfürsten anheim gefallen ist, bis es endlich hernach Herr Hans Fischer gekauft und aus dem Ruin wieder erhoben hat.
„Und weil sich bei diesem Hammerwerk jederzeit viele Arbeiter gefunden, auch teils Leute aus dem kurfürstlichen Amt Schwarzenberg, Felder und Baustätte aufgetan worden, so ist’s geschehen, daß sich verschiedene Leute auch von anderen Orten dahingewendet und einige feine Wohnhäuser aufgebaut haben. Daher sie denn auch für sich eine Gemeinde machen, welche man den Unterhammer nennt, und die nach Unterwiesenthal zur Kirche gehen muß. Im Fall der Not aber und da man den ordentlichen Richter nicht alsobald erlangen kann, haben sie auch ihren Vizerichter und einen Viertelsmeister, welcher ihnen alsdann mit Rat und Tat an die Hand zu gehen pflegen.“
„Nicht weniger aber ist auch der Rote Hammer mit feinen Gebäuden und Gerechtsamen versehen, auch wie man Nachrichten hat, sehr alt, ja, fast älter denn Unterwiesenthal selbst.“
Die Hammerschmieden gehörten zu den Besonderheiten des Erzgebirges. Heute noch ist der Beiname „Hammer“ bei manchen Orten gang und gäbe. Da dampften die Hochöfen, die Gebläse fauchten und hell erklang der Schall der mit der Hand geschwungenen Hämmer mit dem vereinzelteren dumpfen Schlägen des großen Hammers, den Wasserkraft in Hub setzte.
Jedes Hammerwerk hatte wenigstens einen Leiter, der ein technisch gebildeter Mann sein mußte, und einen Schichtmeister, dem das Rechnungswesen anvertraut war, während ersterem die technische Leitung des Werkes oblag.
Zu dem Hochofen, in welchem der Eisenstein geschmolzen ward, gehörten: 1 Steinpocher, 2 Aufgeber, 2 Hochöfner und ein Schlacken- oder Wascheisenpocher. Ehe der Hochofen anging, wurde durch den Leiter der untere Teil des Hochofens angebaut, was man das Zustellen nannte; früher besorgte das der Hochofenmeister.
Die Arbeit der Hammerschmiede war wohl eine der schwersten und schweißvollsten. Der Aufgeber mußte in die Mündung des Hochofens, wo die Flamme in die Höhe schlug, Kohlen und Eisenstein schütten. Der Arbeiter in dem Frischfeuer stand neben dem Feuer, wo das Roheisen gefrischt und geschmolzen ward, und mußte das glühende Eisen, mehrere Zentner schwer, herausnehmen, auf dem Amboß teilen und die Teile ausschmieden. Während des Schmelzprozesses verdiente ein Hochöfner wöchentlich 3 Taler, ein Aufgeber und Steinpocher 2 Taler. Der Meister erhielt rohes Eisen und Kohlen und mußte dafür eine bestimmte Anzahl Eisengeräte liefern. Hatte er Ueberschuß, so war der Gewinn sein, er durfte jedoch den Ueberschuß nur an den Hammerherrn verkaufen. Lieferte der Frischer nicht so viel Eisen, als er sich verbindlich gemacht hatte, so mußte er das fehlende bezahlen. Seinen Arbeitslohn erhielt er nach dem Gewichte des ausgebrachten Stabeisens. In dem Zainhammer ward der Arbeitslohn nach dem Wege bezahlt, d. h., je mehr Wagen Eisen die Arbeiter auszainten, desto mehr erhielten sie. Da die Hammerschmiede während dieser Arbeit einer großen Hitze ausgesetzt waren, so war ihre Kleidung sehr einfach. Sie gingen meist nur im blauen Hemde und in leichten Hosen. Das Rohschmelzen im Hochofen, das Toben der Hämmer, das Heulen und Pfeifen der Gebläse und dabei das pausenweise Aufschlagen der Gischflamme, welches zur Nachtzeit dem Wetterleuchten ähnlich war, die vom Kohlenstand geschwärzten Arbeiter mit starken, ausdrucksvollen Gesichtszügen, zäh wie Elfenbein, das Innere der Hände mit hufartiger Rinde, an welche sich die krummen, wenig gelenkigen Finger anschlossen, das alles kann uns das Gemälde des Dichters versinnbildlichen, wenn er von der Werkstätte des Vulkans und seiner Cyclopen schreibt. Ein königlicher Hammerinspektor führte die Aufsicht über sämtliche sächsische Hammerwerke, ging den Werksbesitzern mit Rat an die Hand, nahm etwaige Beschwerden entgegen und sah die Betriebstabellen ein.
Das Eisen, welches sich in 12-stündiger Schicht im Hochofen angesammelt hatte, floß, einem Feuerstrom gleich, in einen trogartigen Sandgraben, welches Ablaufen „Abstechen“ hieß. Die Masse erstarrte bald und hieß eine „Ganz“, weil es eine rohe Eisenmasse war. Eine solche Ganz wog 3 – 4 Zentner. Diese Ganz, wie überhaupt das Roheisen, wurden, wie erwähnt, verfrischt. Das Walzen der Stäbe geschah, um aus den gefrischten, höchstens nur unter dem Stirnhammer etwas vorgeschmiedeten Eisenmassen die Stäbe herzustellen, oder die schon unter dem „Aufwerfhammer“ weiter ausgestreckten Kolben oder dicken Stöße zu verfeinern.
Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 32 – Sonntag, den 21. August 1927, S. 2