Das Bergstädtchen Elterlein ist einer der ältesten Orte des Erzgebirges. Der Geschichtsschreiber Albinus erzählt in seiner Bergchronik, daß der Ort im 10. Jahrhundert entstanden sei. Auch Christian Lehmann, der bekannte Erzgebirgsforscher, weiß von dem Städtchen zu berichten. Zwar weiß er nichts von der Zeit seiner Gründung, wohl aber davon, daß der Ort bereits im 12. Jahrhundert bestanden und ursprünglich Quedlinburg geheißen habe.
Hierfür glaubt man folgende Erklärung gefunden zu haben: Der Kaiser Otto der Große hatte im Jahre 961 Hermann Billung, einen niedersächsischen Edlen, zum Herzog von Sachsen ernannt. Nach Unterwerfung der Wenden besiedelte Hermann Billung mit seinen Sachsen das Erzgebirge. Unweit der alten wendischen Niederlassung Zwönitz gründete er einen Ort, den er zum Andenken an das Quedlinburg am Harz, wo er beheimatet war und wo Heinrich I., der Vater seines Kaiserlichen Herrn, oft geweilt und seine letzte Ruhestätte gefunden hatte, ebenfalls Quedlinburg nannte.
In späteren Zeiten, vielleicht im 15. Jahrhundert, erhielt Elterlein seinen jetzigen Namen. Woher dieser Namen stammt, ist ebenfalls unbestimmt. Christian Lehmann leitet ihn, wie aus einem lateinischen Gedichte zu ersehen ist, von dem Worte Altar ab. Demnach würde der Name Elterlein aus Altärlein entstanden sein. Darauf deutet auch das spätere Ratswappen des Städtchens hin, welches einen Altar mit zwei darauf befindlichen Kerzen zeigt. Selbstverständlich ist dies nur eine Vermutung. Aber da kommt Frau Sage, die ja alles weiß, und erzählt uns folgendes:
Ueber den Rücken des Berges, auf dem das Städtchen liegt, führte die Straße nach dem benachbarten Böhmen. Schon in alten Zeiten hatten sich hier Ansiedler niedergelassen, um die Reisenden, wenn sie aus Böhmen kamen, zu bewirten. Das Reisen in jener Zeit war wegen der schlechten und unsicheren Wege mit großen Beschwerden und Gefahren verbunden. Insbesondere wurde die Gefahr durch die wilden Tiere erhöht, die in den undurchdringlichen Wäldern hausten. Was wunder, wenn die Reisenden nach glücklicher Erreichung ihres Zieles durch eine feierliche Messe Gott Dank darbrachten. Damals war Deutschland nur spärlich besiedelt und hatte wenig Gotteshäuser. Deshalb gestattete die Kirche den Kriegern im Felde wie auch den Reisenden, sich in Ermangelung einer Kirche unter freien Himmel oder in Zeiten an geweihten Altären Messe halten zu lassen. Solche Altäre trug man, wie es das Bedürfnis erforderte, von einem Ort zum andern.
Da Elterlein in jener Zeit keine Kirche besaß, so mögen die frommen Mönche aus Grünhain erschienen sein, um den Fremdlingen Messe zu halten. An die Stelle des tragbaren Altars trat später ein feststehender. Um diesen Altar siedelten sich dann Menschen an. Damit nun die Erinnerung an das Altärlein den Reisenden für alle Zeiten lebendig erhalten würde, taufte man den neuen Ort Altärlein. Daraus hat sich später das Wort „Elterlein“ gebildet.
Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 18 – Sonntag, den 2. Mai 1926, S. 4