Mit Beendigung des laufenden Schuljahres 1927/28 wird gleich den übrigen Seminaren Sachsens auch dasjenige zu Annaberg für immer geschlossen werden. Im Tageblatt der O. Z. wird über den feierlichen Schlußaktus noch berichtet werden. An dieser Stelle aber wollen wir angesichts des beistehenden Bildes von der lieben Lehranstalt, die mit unserer Bevölkerung in Stadt und Land jahrzehntelang so innig verwachsen war, herzlichen und bewegten Abschied nehmen. Sie war stets unser aller Stolz und Freude. Tausende von Schülern mit der grün-weißen Mütze auf dem Haupte zogen in ihr ein und aus und empfingen ein ausgezeichnetes Rüstzeug für den Beruf des Volksschullehrers in ihr. Welch ein Segen strömte von der alma mater in der Logenstraße aus. Wenn, wie dies Tatsache ist, die deutschen Schulen im Ausland stets als vorbildlich bezeichnet wurden, so durfte das Seminar diesen Ruhm für sich mit in Anspruch nehmen, da sie der Schule die Lehrerschaft gab, die unsere Bürgerschulen zu jener Höhe brachte. Nie wird man den Seminaren dies vergessen und damit auch Dank wissen den Lehrkräften, die die jungen Pädagogen heranzubilden verstanden. Die Kulturgeschichte Sachsens wird auf Ehrenblättern all dies für immerdar verzeichnen. Wir aber grüßen heute ergriffen das stolze Haus in der Pöhlbergstadt, in dem Sachsens Junglehrerschaft bis jetzt ihre Ausbildung erfuhr, mit letztem Scheidewort, und mit uns ziehen die Gedanken und Erinnerungen all derer zum Seminar Annabergs, die hier auf dem Lehrerkatheder und auf der Schulbank saßen. Es war doch eine schöne, eine köstliche Zeit, als man sich Seminarist nennen durfte und nach dem Abitur als junger Lehrer seine Feuerprobe draußen im Leben bestand. Nie wird man das vergessen. Uns dünkt bei alledem, daß für die so bewährte Seminarausbildung der Lehrer noch nicht aller Tage Abend ist, und daß man vielleicht doch einmal wieder aufleben lassen wird das liebe alte Seminar.
Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 12 – Sonntag, den 18. März 1928, S. 1