Wanderst Du, lieber Leser, im schönen Pöhlatale von Geyersdorf nach Königswalde, so grüßt Dich als erste, anheimelnde Gaststätte an der Lindenstraße das „Deutsche Haus“, dessen frühere Gestalt heute hier im Bilde erscheint. Am 31. August werden es 50 Jahre, daß die Kgl. Amtshauptmannschaft die Genehmigung erteilte, in diesem Grundstück das Gastwirtsgewerbe auszuüben. 1865 erbaut, waltete bis 1877 ein ehrsamer Schmiedemeister Barthel darin seines Handwerks. Wo heute die freundliche „Lindenwirtin“ mit ihrem schmucken Töchterlein den Gästen manche gute Speise zurichtet, erklang einst auf dem Ambos des Hammers Schlag. 1877 nun wurde es durch Eduard Samuel Nestler, Barthels Schwager, in ein Gasthaus umgewandelt. Barthel selbst siedelte nach dem benachbarten Cunersdorf über und bewirtschaftete zunächst ein Bauergut. Dann kaufte er das dortige „Erbgericht“, das, ebenso wie unser altes Königswalder „Ratsgericht“, noch seine eigene Brauerei hatte. Nach einigen Jahren wurde das „Erbgericht“ ein Raub der Flammen. Barthel, durch des Schicksals Schlag nicht mutlos gemacht, erbaute einen neuen Gasthof, der uns heute noch grüßt, wenn wir durch Cunersdorf wandern. Später zog es Barthel wieder nach der alten Heimat zurück. Er kaufte in Königswalde die sogenannte „Villa“ von Kummer und Günther an der Jöhstädter Straße. 1886 kam das „Deutsche Haus“ in den Besitz von Hermann Moritz Sändig. Dieser erbaute auch die noch heute über der Straße, neben dem Grundstück des Herrn Albert Lötzsch befindliche Stallung. 1890 wechselte der Besitzer abermals. Herr Sändig zog nach Sehma und errichtete hier, nachdem er zunächst eine Schneidemühle gepachtet hatte, in einer, unweit der jetzigen Schule gelegenen Mühle einen Fabrikbetrieb. Durch rastlosen Fleiß und große Sparsamkeit kam er gar bald zu ansehnlichem Wohlstand. Sändigs Nachfolger im „Deutschen Haus“ wurde Friedrich Hermann Schubert. Er war es, der 1897 den Anbau des geräumigen Gesellschaftszimmers vornahm. Von 1897-1899 war dann Emil Paul Hauptmann als Pächter darin tätig. Dieser kaufte dann in Cunersdorf den Gasthof „Zum Anker“, der heute noch von seinem Sohne bewirtschaftet wird. 1906 mußte sich Hermann Schubert wegen seiner Gesundheit vom Gastwirtsleben zurückziehen; er tauschte den Besitz mit dem Gutsbesitzer Ernst Moritz Weber in Thum. Nach zwei Jahren schon kaufte Friedrich Oswald Naumann den Gasthof und seit Ende des Weltkrieges (1919) nennt der jetzige Wirt, Herr Paul Wagler, ein Buchholzer Kind, ihn sein Eigentum. Gar manches hat er in dem alten Gebäude renoviert, vor allem grüßen uns die vorderen Gasträume im modernen Gewande. Dieser schaffensfreudige Mann hat 1925 auf Drängen so vieler Keglerfreunde eine, der Neuzeit entsprechende Kegel-Doppelbahn erbaut; sie wurde im vorgenannten Jahre am 15. und 16. November im Beisein vieler Anhänger des deutschen Kegelsportes eingeweiht.
„Wanderst Du, Freund, nach Königswalde,
Herab von unsrer Berge Halde,
Kehre ein im sauberen „Deutschen Haus“
Beim freundlichen Wirt zum fröhlichen Schmaus.“
L. Sch.
Erzgebirgische Heimatblätter Nr. 10 – Sonntag, den 6. März 1927, S. 1